Chronik/Österreich

Polizei: Ausufernder Einsatz für die Gesichtserkennung

Der Einsatz von Software zur Gesichtserkennung in Österreich ist offenbar weitreichender als bisher angenommen. Bisher hatte es aus dem Innenressort geheißen, der Gesichtsabgleich mit der Datenbank würde nur für schwere Straftaten gelten, genannt wurden etwa Banküberfälle oder Morde.

Parlamentarische Anfragen von NEOS und SPÖ an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ergeben jedoch ein ganz anderes Bild. Für 931 Straftaten wurde die Software in den vergangenen zehn Monaten eingesetzt. Das entspricht etwa drei Einsätzen pro Tag.

Das Innenministerium musste nun gegenüber dem Parlament die genauen Delikte offenlegen, dabei gab es nur drei Mordfälle. Auch Delikte wie illegaler Waffenbesitz, eine mutmaßliche Corona-Übertragung, der Anbau von Cannabis, Schlepperei oder Urkundenfälschung sind dabei zu finden. Auch kleinere Körperverletzungen, Raufhandel, Störung der Religionsausübung oder sogar der Missbrauch von Notzeichen wurden damit verfolgt. Das häufigste Delikt ist jedenfalls Diebstahl.

Alle Inhalte anzeigen

„Die Software ist fehleranfällig und wird nun auch willkürlich eingesetzt, das kann so nicht sein“, sagt Nikolaus Scherak von den NEOS. „Das gleiche Spiel kennen wir schon von der Vorratsdatenspeicherung, wo es am Beginn auch geheißen hat, diese wird lediglich bei schweren Straftaten eingesetzt.“ Scherak möchte diese Bilanz nun zum Thema im Parlament machen. „Denn das ist eine sehr bedenkliche Tendenz.“

Auch Katharina Kucharowits (SPÖ) sieht nun den ursprünglichen Verdacht bestätigt. „Dazu muss man wissen, dass so eine Software immer auch fehleranfällig ist.“

Alle Inhalte anzeigen

Das Bundeskriminalamt hatte die Software vergangenes Jahr um 448.813,20 Euro von der deutschen Firma Cognitec Systems gekauft, der Liefervertrag wurde mit der Atos IT Solutions und Services GmbH abgeschlossen. Um mit den Bildern besser arbeiten zu können, werden außerdem neue Computer und hochauflösende Bildschirme angeschafft. In Summe dürfte die Investitionen wohl eine halbe Million Euro übersteigen.

Heftige Kritik hat es auch am Einsatz der Software bei einer politischen Demo in Wien-Favoriten gegeben. Das Innenministerium bestätigt nun den Einsatz erstmals, spricht aber davon, dass es sich angeblich nicht um einen unmittelbaren Demo-Teilnehmer gehandelt haben soll.

Aus dem Innenministerium heißt es dazu: "Der digitale Bildabgleich ist eine Maßnahme, die der Aufklärung vorsätzlich beganger strafbaren Handlungen dient.  Es werden Bilder von unbekannten Tätern mit jenen in der erkennungsdienstlichen Evidenz gespeicherten elektronisch verglichen.  In der erkennungsdienstlichen Evidenz sind nur jene Menschen erfasst, die bereits einmal von der Polizei als Tatverdächtige erkennungsdienstlich behandelt wurden (Fingerabdrücke und Bilder). In der erkennungsdienstlichen Evidenz sind etwa 600.000 Bilder gespeichert, deren manueller Abgleich zur Aufklärung einer Vorsatztat unmöglich wäre.  Das Ziel der Polizei ist die Aufklärung von strafbaren Handlungen unter strenger Beachtung der rechtlichen Vorgaben."

Betont wird  im Innenressort außerdem, dass beispielsweise ein Juwelier-Raub geklärt werden konnte.