Offene Fenster als Todesfalle für Kinder
Von Birgit Seiser
Es war Samstag um 21.15 Uhr, als die Wiener Polizei nach Hernals gerufen wurde, weil ein Zeuge einen Dreijährigen aus dem Fenster fallen gesehen hatte. Das Kind wurde sofort versorgt und in ein Krankenhaus gebracht.
Die Polizei musste sich dann gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschaffen, wo sie zunächst nur ein weiteres Kleinkind schlafend vorfand. Erst nach einiger Zeit kam die 30-jährige Mutter nachhause. Sie wurde wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung angezeigt.
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Zwei Tote in Deutschland
Der Dreijährige aus Wien wird den Fenstersturz überleben – anders als zwei Kinder in Deutschland in der vergangenen Woche.
In Hamburg war ein acht Jahre alter Bub aus einem Fenster acht Meter in die Tiefe gestürzt und kurze Zeit später verstorben. In Berlin wiederum war in der Nacht auf Freitag ein Zehnjähriger nach einem Sturz aus dem 9. Stock ums Leben gekommen. Die Eltern des Buben hatten sich während des Unfalls in der Wohnung aufgehalten und offenbar nichts mitbekommen. Ob auch ihnen eine Anzeige droht, teilte die zuständige Polizei noch nicht mit.
In Österreich kann grobfahrlässige Tötung zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren führen. Es gibt bereits Urteile in vergleichbaren Fällen, die aber relativ mild ausfielen. Im Dezember 2018 wurde beispielsweise ein Paar vor einem Wiener Gericht zu bedingten Haftstrafen verurteilt, nachdem ihr vier Jahre alter Sohn aus dem siebten Stock eines Wohnhauses gestürzt und später verstorben war.
Buben gefährdeter
In allen aktuellen Fällen waren es Buben, die bei Stürzen verletzt wurden oder starben. Und das ist offenbar kein Zufall: Laut einer Erhebung von „Große schützen Kleine“, dem Österreichischen Komitee für Unfallprävention im Kinder- und Jugendalter, sind 65 Prozent der Kinder, die aus Fenstern stürzen, männlich und zu 75 Prozent unter fünf Jahre alt.
Jeder zweite Fenstersturz betrifft Kinder im zweiten oder dritten Lebensjahr – tödlich endet jeder sechste. Fensterstürze kommen häufiger in Mehrparteienhäusern vor. Ab dem 3. Stock steigt die Todesrate signifikant an, ab dem 4. Stock ziehen sich 80 Prozent der Kinder tödliche Verletzungen zu. Zwar passieren Stürze das ganze Jahr über, trotzdem passieren die meisten Unfälle von Mai bis September.
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