Chronik/Österreich

Neue Sprengkraft im Streit um Agrargemeinschaften

2,3 Millionen Euro hätte die Gemeinde Mieders im Stubaital laut einem Bescheid aus dem Vorjahr bekommen sollen. Nach einem Erkenntnis des Landesagrarsenats schaut sie nun durch die Finger und muss ihren Kampf, den sie seit sieben Jahren mit der örtlichen Agrargemeinschaft führt, von vorne beginnen. Der Agrarsenat sah eine formal falsche Vorgangsweise der Gemeinde.

Der Rückschlag für Mieders ist symbolträchtig. 2008 fällte der Verfassungsgerichtshof zu Gunsten der Gemeinde ein richtungsweisendes Urteil. Er entschied, dass die Übertragung von Gemeindegut an die Agrargemeinschaften, wie sie in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg auf der Tagesordnung stand, verfassungswidrig war. Rund 250 Agrargemeinschaften haben dadurch Grund und Boden in einer Größenordnung von 2000 Quadratkilometern erhalten, der einst den Gemeinden gehört hat. Die Kommunen sehen sich daher um Gewinne aus Grundverkäufen, Schottergruben oder Pachten für Jagden und Skipisten gebracht.

Im Kreis geschickt

Die Tiroler Oppositionsparteien (SPÖ, Vorwärts Tirol, FPÖ und Liste Fritz) schäumten am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. „Die Gemeinden werden im Kreis geschickt. Mieders hat nach sieben Jahren noch keinen Cent gesehen“, kommentierte SPÖ-Klubchef Gerhard Reheis die Erkenntnis und sieht sich im Agrargemeinschaftsstreit nach etlichen höchstrichterlichen Urteilen an die Kärntner Ortstafelfrage erinnert.

„Der Landesagrarsenat hat ein neues, ewig dauerndes Prozesshindernis erfunden“, sagte Andreas Brugger von der Liste Fritz. Er forderte erneut ein Gesetz, mit dem das Gemeindegut wieder an die Kommunen rückübertragen wird. Mit dem waren die Oppositionsparteien zuletzt wiederholt gescheitert.

Die Grünen, die vor dem Eintritt in die Koalition ebenfalls für eine Rückübertragung eintraten, und die ÖVP basteln an einem eigenen Modell, das den langjährigen Streit beenden soll. Die Regierungspartner zeigten sich mit der Entscheidung des Landesagrarsenats ebenfalls wenig erfreut. „Mit formal-juristischen Spitzfindigkeiten ist der Politik nicht geholfen. Mir wäre lieber gewesen, es hätte eine Entscheidung in der Sache gegeben“, sagte Agrarlandesrat Josef Geisler (ÖVP). Und der grüne Klubchef Gebi Mair sieht das Recht der Gemeinden „torpediert“.

Zeitlicher Horizont

Schwarz-Grün hält allerdings weiter an einer Reparatur des Flurverfassungsgesetzes fest. Laut Mair müsse die Novelle ausschließen, dass Gemeinden im Kreis geschickt werden können. „Nach Inkrafttreten der Novelle müssen sie spätestens mit dem nächsten Jahresabschluss der Agrargemeinschaft zu ihrem Geld kommen.“ Noch liegt das überarbeitete Gesetz nicht vor.

Die Oppositionsparteien waren sich am Donnerstag darin einig, dass die ÖVP auf Zeit spiele und vor allem die Interessen des Bauernbundes im Auge habe.