Natascha Kampusch erklärt, wie sie ihre „Hölle“ überlebte
Als Zehnjährige auf ihrem Schulweg entführt, wurde Natascha Kampusch über acht Jahre lang in einem Kellerverlies in Strasshof an der Nordbahn (Bezirk Gänserndorf ) gefangen gehalten. 2006 gelang der heute 34-Jährigen die Flucht. Eine Geschichte, die weltweit für viel Aufsehen und Bestürzung sorgte.
Dennoch blickt Kampusch heute mit Dankbarkeit darauf zurück. Zwar nicht auf die Situation selbst, sondern „dass ich diese Zeit so gut überstanden habe“, erklärte Kampusch am Sonntag im Ö3-„Frühstück bei mir“.
Wie ihr das Überleben in Gefangenschaft gelungen ist, möchte Kampusch nun in ihrem insgesamt vierten Buch, das heute Abend in Wien präsentiert wird, weitergeben. Während ihrer Zeit im Verlies habe sie sich oft in Gedankenwelten geflüchtet. Kampusch erzählte auf Ö3, dass sie an die Tür des Verlieses eine Klinke gezeichnet hatte: „Ich habe mir vorgestellt, dass ich die Klinke bewegen kann, aus der Tür herauskommen kann, dass sie nicht einfach verschlossen ist. Und ich habe mir vorgestellt, dass irgendwelche Leute mich retten kommen.“
Hilfreiche Erinnerungen
Dass sie diese Erinnerungen nun nochmals hervorkramen musste, habe ihr nichts ausgemacht. Es seien eben Erfahrungen gewesen, die ihr geholfen hätten. „Aber manchmal überfällt mich die Erinnerung an das Verlies ganz plötzlich. Ich erlebe dann eine Art Hölle, aber komme gestärkt daraus hervor, weil ich die Sicherheit habe, dass es jetzt nicht mehr der Fall ist“, so Kampusch.
Im gemeinsam mit Co-Autorin Judith Schneiberg verfassten Ratgeber „Stärke zeigen. Bewältigungsstrategien für ein kraftvolles Leben“ spricht die 34-Jährige aber nicht nur über Methoden, die ihr während der Gefangenschaft geholfen haben. Danach sei etwa eine Trauma-Therapie für sie hilfreich gewesen: „Auch heute bin ich noch in Therapie.“
Darin habe sie auch gelernt zu akzeptieren, dass sie ein starker Mensch sei. Dieser lange Weg zur Selbstakzeptanz sei aber nicht der einzige Grund, weshalb sie ihre Strategien und Methoden erst 16 Jahre nach ihrer Befreiung teilt: „Die Leute waren früher eher daran interessiert, was mir passiert ist.“ Doch nun sei – so betonte Kampusch – der richtige Moment über ihre mentalen Überlebensstrategien zu sprechen.
Ihren Lebensunterhalt verdient die 34-Jährige heute hauptsächlich über ihre Bücher, wie sie gegenüber Ö3 erklärte. Dabei sprach sie auch über ihren aktuellen Tagesablauf: „Ich fahre fast täglich in den Pferdestall und dann reite ich. Das ist sehr zeitintensiv“, sagte sie.
Nach einer abgebrochenen Lehre hatte sich Kampusch zuletzt auch als Moderatorin versucht: „Ich habe mir eine größere journalistische Karriere vorgestellt, aber nicht jeder ist bereit, ein Entführungsopfer zu supporten.“ Wer „noch eine andere Einnahmequelle“ abseits ihrer Buchprojekte weiß, „soll sich melden. Seminare, etwas moderieren, als Speakerin arbeiten – das würde mich interessieren“.
Für den Umgang mit Krisen empfiehlt sie: „Alle Menschen sollen in die Dankbarkeit gehen, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist. Das tue ich auch.“