Chronik/Österreich

Nachwuchssorgen auf der Piste

Der Trend der vergangenen Jahre setzt sich auch im heurigen Winter fort. Die Preise für Tagesskikarten haben erneut angezogen. In der Saison 2015/16 wurde erstmals in einigen Skigebieten die 50-Euro-Marke geknackt. Heuer rangieren laut dem Testportal skiresort.de bereits 19 Resorts in diesem Preissegment. Die Steigerungen werden wie jedes Jahr mit Indexanpassungen und Millionen-Investitionen der Seilbahner in Lifte, Beschneiung und andere Infrastruktur begründet.

Damit will man den Vorsprung auf die internationale Konkurrenz wahren und verhindern, dass die Gäste ihre Schwünge woanders ziehen. Und die sind damit, so paradox das auch klingt, irgendwie auch selbst Schuld an den Preissteigerungen. Zumindest, wenn man der Logik der Pistenbetreiber folgt.

Denn die Größe eines Skigebiets sei der "entscheidende Faktor für die Urlaubsentscheidung der Gäste", sagt Ferdinand Eder, Sprecher der Salzburger Seilbahner, die im Pinzgau Tageskartenpreise von bis zu 52 Euro ausgelobt haben. Und er stellt klar: "Der Preis ist letztlich Ausdruck der Größe eines Skigebiets mit dem dahinterstehenden Angebot."

Mehr Geld für Marketing

Doch während die Tagespreise bei den Riesen steigen, sieht sich gleichzeitig der Wirtschaftszweig mit einem Problem konfrontiert, das alle trifft. Die Zahl der Skifahrer weltweit stagniert. "Wenn die Branche nicht endlich begreift, dass neben der Investition in die Hardware auch in die Software, sprich in das Wintersportmarketing, investiert werden muss, ist der Zenit bald erreicht", warnt Franz Schenner von der "Zukunft Allianz Winter".

Die Plattform von Branchenvertretern aus Wintersport und Tourismus hat längst erkannt, dass es dringend notwendig ist, Skifahrer bei der Stange zu halten und Junge für den Sport zu begeistern. Es hätten bereits Millionen von Deutschen aufgehört Ski zu fahren, weiß Schenner, der warnt: "Da wird es unweigerlich zu einem Verdrängungs- und damit zu einem Vernichtungswettbewerb kommen. Und nur die Premium-Skigebiete werden überleben." Vorausgesetzt, es wird nicht gegengesteuert.

Insbesondere den Deutschen müsse wieder Lust aufs Skifahren gemacht werden, glaubt der Salzburger. Im wichtigsten Herkunftsland der Österreichurlauber ortet auch eine Studie das größte Potenzial (siehe unten). Schenner fordert einen Schulterschluss: "Die Werbebudgets der Tourismusverbände gehören gebündelt und für gemeinsame Kampagnen zum Thema Skifahren investiert."

Aussteiger zurückholen

In Salzburg wurden etwa für den heurigen Winter Pakete mit dem Namen "Besser Skifahren in drei Tagen" geschnürt. Die schnell erlernbare Technik des sogenannten "Schönskifahrens" soll Aussteiger wieder auf die Piste zurückholen. Am Hochkönig wird dabei für drei Tage ein Skilehrer und das Material gestellt. Im Paket von rund 550 Euro sind Skipass und Übernachtungen enthalten.

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Um neues Publikum zu ködern, setzt die Branche verbreitet auf Angebote für Familien und Kinder. Hier können kleinere Skigebiete eine Nische besetzen, in der Größe nicht die erste Geige spielt. Das Skiresort Loser in Altaussee (33 Pistenkilometer) wirbt etwa mit dem "Steirischen Familienskitag". Am 17. Dezember zahlen unter 15-Jährige den halben Preis für Ticket, Verleih und Skilehrer.

Mitunter gehen Marketinginitiativen auch nach hinten los. Mit einer "Ladies Week" versuchte der Skiverbund amadé in Salzburg jahrelang in der Nebensaison mit Gratis-Skipässen für Damen zu punkten. Aus Angst vor Klagen durch sich diskriminiert fühlende Männer wurde die Aktion 2014 eingestellt.In dieser Saison kehrt sie unter gleichem Namen zurück. Von zwei Personen, die sich zwischen 25. März und 1. April eine Unterkunft teilen, erhält eine Person einen 6-Tage-Skipass umsonst – unabhängig vom Geschlecht. "Das Rahmenprogramm und die Events, die rundherum stattfinden, sind für alle offen, aber auf Damen zugeschnitten", sagt amadé-Geschäftsführer Christoph Eisinger. Das werde auch keine Gleichbehandlungsanwaltschaft verbieten können.

Jeder Zweite fährt nicht Ski

In Österreich ist die Dichte an Skigebieten – insbesondere im Westen – enorm. Längst stehen nicht mehr einzelne Orte, sondern ganze Regionen in Konkurrenz zu einander. Und der Wettbewerb hat auch länderübergreifende Dimensionen. Bei einer Seilbahntagung in Innsbruck versuchten die Branchenvertreter aus Österreich, der Schweiz und Deutschland diese Woche Einigkeit zu demonstrieren.

Sie zeigten sich überzeugt, dass es „noch immer großes Potenzial gibt, um mehr Menschen für den Skisport zu gewinnen.“ Skifahren sei eine Tradition, die gepflegt werden müsse, hatten sie bereits im Vorfeld betont. Doch präsentierte Zahlen zeigen, dass dem Massensport ein durchaus gravierendes Problem ins Haus steht. Zwar sind immerhin rund 33 Prozent der Bevölkerung der drei Alpenstaaten laut einer aktuellen Studie aktive Skifahrer. Doch jeder Zweite ist noch nie in seinem Leben auf Skiern gestanden. In der Schweiz hat sich die Zahl der Skifahrer seit 2008 um 26 Prozent verringert.

Die Politik soll’s richtenUm den Nachwuchs auf die Piste zu bekommen, pochen die Seilbahner auch auf Unterstützung der Politik. Sie fordern, dass jedes Kind im Laufe seiner Schulzeit zumindest einmal an einer Schneesportwoche teilnehmen soll. Gleichzeitig wollen die Seilbahnverbände jenes Potenzial heben, das die von ihnen präsentierte Studie ortet. Demnach sind 11,6 Millionen Menschen in den drei Alpenländern daran interessiert, wieder in den Skisport einzusteigen bzw. ihn zu erlernen.
Deutsche und damit jene Zielgruppe, die vor allem für Österreich besonders wichtig ist, stellen dabei den Löwenanteil, hieß es. Besonders Familien mit Kindern zwischen 14 und 18 Jahren nannten laut Studie starkes Interesse. Auf die setzt die Branche auch deshalb große Hoffnungen, weil laut der Erhebung 74 Prozent der Skifahrer, die unter zehn Jahren mit dem Sport begonnen haben, die Familie als Grund nannten.