Chronik/Österreich

Tod einer Tanzlehrerin: Bürger zweifeln an Justizurteil

Sachverhaltsmitteilung, Amtshaftungs- und Wiederaufnahmeverfahren: Die etwa 380 Unterstützer des verurteilten Helmut S. greifen nach jedem Strohhalm im Juristendschungel. Denn sie sind sich sicher: Im Gerichtsverfahren, welches zu 20 Jahren Haft führte, ging es nicht mit rechten Dingen zu.

Doch von vorne: In der Nacht auf den 7. Juli 2013 feierten eine Tanzlehrerin – das spätere Todesopfer – und der verurteilte Gmundner in einem Tennisklub. Nach zwei Tagen wurde die 51-Jährige mit Kopfverletzungen und halb nackt in ihrem Garten gefunden.

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Sie starb, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Der damals 38-jährige wurde wegen Vergewaltigung und versuchten Mordes verurteilt.

Gescheiterte Anläufe

Erst im Nachhinein häuften sich aber auch Zweifel am Verfahren. Basierend auf neuen Beweisen und Gutachten versuchte Anwalt Franz Hitzenbichler und das Personenkomitee mit zwei Wiederaufnahmeanträgen das Verfahren gegen Helmut S. neu aufzurollen.

Ohne Erfolg. Die Begründung: Das Privatgutachten habe keine neue Erkenntnismethode, sondern nur andere Schlussfolgerungen aus bisher Bekanntem geliefert.

Laut Hitzenbichler wiegen die neuen Beweise schwer: So seien 13 entlastende Zeugenaussagen beim Hauptverfahren nicht berücksichtigt worden.

Keine DNA-Spuren?

Ebenso sollen Privatgutachter festgestellt haben, dass nur ein Pokal, der neben der Frau gefunden wurde, als Tatwaffe in Frage kommt. Auf diesem fanden die Gutachter keine DNA-Spuren von Helmut S., hingegen von einem Spurensicherer.

7. Juli 2013: Die frisch verwitwete Tanzlehrerin Ingrid S. wird nach der Rückkehr von einer Feier in ihrem Tennisklub im Garten ihres Hauses in Gmunden überfallen, vergewaltigt und schwer am Kopf verletzt. Erst nach zwei Tagen findet eine Bekannte die 51-Jährige. Eine Woche später stirbt das Opfer an einem Schädel-Hirn-Trauma.

12. Juli 2013: Wenige Tage nachdem das Opfer gefunden wird, verhaftet die Polizei ihren Tennispartner Helmut S. Er bestreitet die Tat. Vielmehr habe er sich mit der 51-Jährigen verabredet und mit ihr im Garten Sex gehabt, gibt er an. Danach sei die Frau gestürzt. Er habe ihr aufgeholfen, sie sei wohlauf gewesen und er gegangen.

2. Juli 2014: Helmut S. wird am Landesgericht Wels wegen Vergewaltigung und versuchten Mordes durch Unterlassung in erster Instanz zu 18 Jahren Haft verurteilt. Ein Jahr später erhöht der Oberste Gerichtshof die Strafe auf 20 Jahre. Das Urteil wird damit rechtskräftig. 2017 und 2018 scheitert S. mit einem Wiederaufnahmeantrag.

Zudem fehlen Befunde, meint Hitzenbichler: „Es liegen weder DNA-Ergebnisse zum abgerissenen Armband der Frau vor noch zu ihrer Handtasche“. In den vergangenen Monaten seien weitere neue Beweise hinzugekommen, die S. entlasten würden. „Es gibt keinen Anklagepunkt mehr, den wir nicht widerlegen können.“

Auch Bürgermeisterin für Wiederaufnahme

Welche genauen Beweise das seien und von wo diese stammen, will er noch nicht sagen. Sie sollen jedoch zum gewünschten Erfolg führen. Auch die Bürgermeisterin von Ohlsdorf, Christine Eisner, hat sich nun dem Personenkomitee angeschlossen, das sich für eine Wiederaufnahme ausspricht.Sie wohnt direkt gegenüber von Helmut S. Familie. „Ich will nur, dass das Verfahren neu durchgesehen wird. Wenn es dann noch immer heißt, er ist der Täter, dann ist es eben so“, sagt Eisner.

Seit 10. Jänner ist nun ein Antrag auf ein Amtshaftungsverfahren gestellt worden. Die Republik Österreich hat nun drei Monate Zeit, dieses zu prüfen. „Lehnt sie den Antrag ab, werden wir eine Amtshaftungsklage einleiten“, sagt Hitzenbichler.

Anzeige gegen Ermittler

Diese würde es es ermöglichen, alle Beweise vorzulegen. Zusätzlich wurde eine Sachverhaltsmitteilung eingeleitet. Dies ist eine Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs, denn zwei Ermittler sollen Beweismaterial unterschlagen haben, behauptet S.

Zudem soll vor dem Sommer ein dritter Versuch eines Wiederaufnahmeverfahren starten. Hilft das alles nichts, könnte S. ein Begnadigungsansuchen stellen. „Ich glaube aber nicht, dass sich Helmut damit zufrieden geben würde. Er kämpft wie ein Löwe für seine Unschuld“, sagt Eisner.