Chronik/Österreich

Illegale Spielautomaten: Mit Beton gegen Razzien

Seit das Glücksspielgesetz 2010 in Kraft ist, streiten die Betreiber von Automatensalons mit den Behörden wegen Beschlagnahmungen und Razzien. Besonders auf die Finanzpolizei haben es die betroffenen Glücksspielunternehmer abgesehen. Sie wenden allerlei Tricks an, um die Mitnahme von womöglich nicht erlaubten Geräten zu verhindern, erzählt Finanzpolizei-Chef Wilfried Lehner.

"Am Anfang haben sie versucht, die Geräte mit Metallbügeln am Boden zu verankern", so Lehner. "Die haben wir einfach abgeschnitten." Der neueste "Schmäh" in Wien: Die Automaten werden einbetoniert. "Sie befüllen den ganzen unteren Sockel mit Beton."

Mit Atemschutzmasken zum Einsatz

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Für Aufregung gesorgt hat vor ein paar Monaten der angebliche Diebstahlschutz für Geräte mit Geldannahme- und -ausgabefunktion. "Wenn man versucht, das Gerät zu entfernen, wird die chemische Keule ausgelöst - ein Pfefferspray", so Lehner. "Wir wussten im Vorfeld davon und sind jetzt mit Atemschutzmaske ausgerüstet, um die Geräte deaktivieren zu können."
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Anzeigen wegen Sachbeschädigung

Wenn die Finanzpolizei dann einbetonierte Geräte gewaltsam entfernt und beschädigt, hagelt es Anzeigen wegen Sachbeschädigung oder auch Amtsmissbrauchs. "Eine Zeit lang war jetzt nichts", aber 2015 habe es wieder eine neue Anzeigenwelle gegeben. "Auch die neue Berechtigung der Anwendung von Befehls- und Zwangsgewalt, die es den Kontrollorganen ermöglicht, verschlossene Türen gewaltsam zu öffnen, wird für derartige Anzeigen missbraucht", so Lehner. "Sämtliche Anzeigen sind aber naturgemäß wirkungslos geblieben und wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt."

Versiegelungen runtergerissen

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In Wien haben zuletzt Betreiber auch Beamte des zuständigen Magistrats angezeigt, weil sie die Beschlagnahmungen für rechtlich nicht gedeckt halten. Die Finanzpolizei kann die Geräte entweder versiegeln oder gleich mitnehmen. Da gibt es aber ein Problem: "Wenn wir die Geräte dort lassen, reißen sie die Versiegelungen sofort runter und verwenden die Geräte beinhart weiter", so Lehner. Dies, obwohl auf den Bruch eines finanzpolizeilichen Siegels sechs Monate Haft stünden. "Das ist ein strafrechtliches Delikt."

Die konfiszierten Automaten werden bei den jeweiligen Landespolizeidirektionen gelagert. "Wenn der Einziehungsbescheid rechtskräftig ist, werden sie vernichtet." Da de facto jeder Bescheid beeinsprucht wird, stünden immer ein paar hundert Geräte herum. "Jedes Verfahren geht zum Landesverwaltungsgericht, viele auch zum Verwaltungsgerichtshof (VwGH)." Die einzelnen Landesverwaltungsgerichte entscheiden laut Lehner in Sachen Beschlagnahmungen von Glücksspielgeräten sehr unterschiedlich. Manchmal bekommen also die Betreiber Recht, manchmal die Finanzpolizei. Erst langsam kristallisiere sich eine gewisse Spruchpraxis heraus, so Lehner.

Keine Rückgabe

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Dass die Geräte zurückgegeben werden müssen, komme aber eigentlich nicht vor. "Da hat der Gesetzgeber eine Methode gefunden: Es kommt nicht darauf an, dass jemand schuldhaft gehandelt hat. Wesentlich ist nur, dass das Gerät ins Glücksspielmonopol an sich eingegriffen hat. Ob der Betreiber bestraft wird oder nicht, ist für die Einziehung des Geräts unerheblich", so Lehner. "Die einzige Variante, wo wir ein Gerät zurückgeben müssten, wäre, wenn wir einen Flipper-Automaten, der kein Glücksspielgerät ist, beschlagnahmen würden. Das ist uns seit 2010 noch nie passiert."

Der Chef der Finanzpolizei übt auch Kritik an den Behörden. Diese nutzten die - aus seiner Sicht besonders effektive - Möglichkeit der Betriebsschließung immer noch zu zögerlich. Ein weiteres Problem, mit dem die Beamten konfrontiert sind: "Es treten immer noch Sachverständige auf, die mit ihren Gutachten versuchen, Glücksspielgeräte als Geschicklichkeitsgeräte darzustellen. Zudem verstecken sich Betreiber immer öfter hinter Scheinfirmenkonstrukten im nahen Ausland, um dem Verwaltungsstrafverfahren zu entkommen."