Misshandeltes Pflegekind: „Habe die Hölle mitgemacht“
„Ich musste betteln, dass meine Geschichte anerkannt wird.“ Walfried Janka spricht den Satz emotionslos aus, obwohl viel Emotion dahinter verborgen ist: Als Baby kam er auf einen Pflegeplatz bei einer Steirerin, die wegen Mordes verurteilt war und der die Behörde andere Pflegekinder wegen Gewaltausbrüchen wieder abnahm. Er musste bleiben. Als junger Mann wurde später selbst im Vollrausch zum Mörder.
Jankas Geschichte ist mittlerweile immerhin bekannt. In den nächsten Tagen wird seine Anwältin eine Amtshaftungsklage über 600.000 Euro beim Zivilgericht Graz einbringen. Beklagter ist das Land Steiermark, es geht um Entschädigung für die verlorene Kindheit. „Ich erwarte mir so viel Courage, dass die Politik sagt, so etwas dulden wir nicht“, fordert Janka. „Jetzt nicht und damals auch nicht.“
Misshandelt
15 Jahre lang war er in der Obhut einer Frau, die ihn misshandelte, einsperrte, hungern ließ. „Der Gutachter sagt, ich hab’ 15 Jahre die Hölle mitgemacht“, zitiert der 52-Jährige aus dessen Expertise. Noch vor dem zivilrechtlichen Aspekt muss sich das Strafrecht mit dem Fall befassen. Aus dem Jugendwohlfahrts-Akt sind zwei Originalseiten verschwunden, der Strafregisterauszug seiner Pflegemutter. Sie belegen, dass die Behörde 1966 wusste, wem sie ein acht Wochen altes Baby überließ.
Nachdem Janka 2018 seine Geschichte öffentlich machte, waren diese zwei Seiten aber plötzlich weg „im Kopiervorgang verschwunden“, wie es hieß. Allerdings hatte sie Janka 2016 bei der Durchsicht des Aktes fotografiert.
Das interessierte dann auch die Strafbehörden. Doch die Staatsanwaltschaft Graz stellte die Erhebungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauches und Urkundenunterdrückung gegen unbekannte Täter vor kurzem ein. Das wiederum will Janka nicht so hinnehmen und stellte soeben einen Fortführungsantrag: „Man hat versucht, mich als Lügner hinzustellen.“
Nur ein Dreizeiler
25.000 Euro sprach ihm das Land Steiermark als Entschädigung aus dem reaktivierten Opferfonds zu. Die Amtshaftung sei aber verjährt, hieß es in einem knappen Schreiben diese Frist ende zehn Jahre nach den Vorfällen. Da wäre Janka 25 Jahre alt gewesen.
Es gehe ihm nicht ums Geld, betont der 52-Jährige. „Hätte ich eine höfliche Antwort statt eines unpersönlichen Dreizeilers bekommen , dann hätte ich die 25.000 akzeptiert und eine Ruhe wär’ gewesen. Aber jetzt gehe ich jedes Gesetz durch, dass ich zu meinem Recht komme.“