"Zu schnell unterwegs": Kritik an Autofahrern nach Unfällen
Ein Todesopfer, mindestens 35 Verletzte und ein Blechsalat aus über 100 beschädigten Fahrzeugen: Die Massenkarambolagen auf der Westautobahn (A1) und im Herzogbergtunnel auf der Südautobahn (A2) waren die schlimmste Unfallserie in den vergangenen Monaten. Wie konnte das passieren? Sind viele Autofahrer zu achtlos und schnell auf Schnee und Glatteis unterwegs? Und wann verabschiedet sich der Winter endlich? Der KURIER hat Antworten von Experten gesammelt.
Willy Konrath ist stellvertretender Leiter der Landesverkehrsabteilung NÖ. Dem KURIER stand er am Dienstag Rede und Antwort.
Bilder von der Massenkarambolage auf der A1
Auch die Asfinag war am Dienstag in die Kritik geraten, weil angeblich der Winterdienst versagt habe. Der Autobahnbetrieber wies die Vorwürfe aber rasch zurück: Ursache für die Massenunfälle sei aufgetretenes "Blitzeis" gewesen. Der Winterdienst sei am Dienstag überall - so auch auf der A1 - "mit Hochdruck" im Räum- und Streueinsatz gewesen. Auch die Asfinag appellierte an die Autofahrer, bei Schnee und Nieselregen langsam zu fahren.
Nach dem Massenunfall in beiden Röhren des Herzogbergtunnels auf der Südautobahn (A2) im kärntnerisch-steirischen Packabschnitt war die A2 am Mittwoch zwar wieder frei. Seit der Nacht ist jedoch die Ausweichstrecke, die B70 zwischen Köflach und Edelschrott, gesperrt. Laut Polizei hatten sich einige Lkw bei winterlichen Fahrbedingungen quer gestellt, wodurch "eine Kettenreaktion ausgelöst wurde", so ein Polizist der Polizeiinspektion Voitsberg. Die Sperre dürfte bis in den Nachmittag dauern, doch begünstigte besseres Wetter mit Sonnenschein am Mittwochvormittag die Bergungsarbeiten.
Bilder von der Unfallstelle im Herzogbergtunnel
Die Polizei ist noch mit dem Erheben der Ursachen der beiden Unfälle jeweils knapp nach den Tunneleinfahrten beschäftigt. Dazu wurden bereits Photogrammetrien angefertigt, nun sollen die Opfer befragt werden. Dies gestalte sich schwierig, da die 29 Verletzten auf fünf Spitäler in der Steiermark und Kärnten aufgeteilt worden waren. In beiden Unglücksbereichen war die Fahrbahn zur Mittagszeit der Autobahnpolizei Unterwald zufolge salznass, aber nicht schneebedeckt. Unfallbeteiligte sprachen laut steirischen Medien aber auch von eisiger Fahrbahn. Bei der Massenkarambolage in der Röhre Richtung Klagenfurt geht man davon aus, dass ein Pkw ins Schleudern geraten und stehen geblieben war.
Einer der Verletzten nach dem Massenunfall, ein 49 Jahre alter Mann aus Italien, war am Mittwoch nach wie vor in Lebensgefahr. Er ist am Dienstagnachmittag ins Grazer UKH eingeliefert worden und wird auf der Intensivstation versorgt.
Versicherungen gehen dann von einer Massenkarambolage aus, wenn mindestens 20 österreichische Fahrzeuge in den Unfall verwickelt sind. „In diesem Fall beauftragt der Versicherungsverband eine Versicherung, die Schadensabwicklung für alle Gesellschaften zu übernehmen“, weiß Dagmar Hauser, Sprecherin des Versicherungsverbandes.
Dieses Kriterium trifft bei dem Horror-Crash auf der A 1 zu. Harald Strasser, Spezialist für Schadensabwicklungen spricht von Detailarbeit: „Jede Berührung der Kfz muss überprüft werden. In diesem Fall gestaltet sich die Erhebung sehr kompliziert. Beim Verband laufen dann alle Infos zusammen.“
Als Basis dienen die Unfalldaten der Polizei. Paralel dazu fließen Wetterdaten ein. Zusätzlich werden Unfallopfer – noch während des Spitalaufenthaltes – befragt. Strasser appelliert an alle beteiligten Lenker der Karambolage, sich bei ihren Versicherungen zu melden: „Ihre Aussagen werden an den Verband sofort weitergeleitet.“
Der heiß erwartete Frühling kommt übrigens weiterhin nicht in die Gänge. Zwar werden die nächsten Tage etwas milder, die Kaltluft bleibt aber weiterhin in Lauerstellung. "Unsere Wettermodelle zeigen zwar einen Aufwärtstrend bei den Temperaturen, auf wirklich frühlingshafte Werte dürfen wir uns aber nicht freuen. Bereits am Ostersonntag kühlt es wieder ab", sagt UBIMET-Meteorologe Lars Lowinski. Generell wird das Osterwochenende in vielen Teilen Österreichs ziemlich nass - und kalt. Mancherorts ist sogar Schnee möglich. Zum aktuellen Wetter aus Ihrer Region.
Selbst unter Meteorologen ist man über die winterlichen Wetterkapriolen der vergangenen Tage erstaunt. Sogenannte "Eistage" mit Temperaturen unter 0 Grad gibt es im Flachland zu dieser Jahreszeit nur sehr selten. "Mehrere Eistage in Folge wurden etwa in Wien seit Beginn der Wetteraufzeichnungen überhaupt noch nie registriert", sagt Lowinski. Auch die widerstandsfähige Schneedecke sei ungewöhnlich. Jetzt hilft eigentlich nur mehr eines - ausgiebig Jammern (siehe Storify).