Mordprozess um Fall Leon: Vater bekennt sich nicht schuldig
Von Christian Willim
17 Monate lang saß Florian A. in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt davon, dass der 39-Jährige seinen behinderten Sohn Leon im Sommer 2022 in St. Johann in Tirol in die Kitzbüheler Ache geworfen hat.
Und zur Verschleierung seiner Tat einen Raubüberfall auf sich erfunden und inszeniert hat.
Um 9 Uhr startete am heutigen Mittwoch im Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Innsbruck der auf drei Verhandlungstage anberaumte Prozess gegen den gebürtigen Deutschen, der mit seiner Familie in Tirol lebt. Das Interesse von Medien aus Österreich und Deutschland, aber auch jenes der Öffentlichkeit ist enorm.
Der 39-Jährige betrat gefasst, unter Blitzlichtgewitter, den Schwurgerichtssaal und trat den Geschworenen sowie Richter Andreas Fleckl gegenüber.
Sein ebenso erfahrener wie bekannter Anwalt Albert Heiss hatte noch vor dem Prozess in einem kurzen Statement vor Journalisten die Unschuld seines Mandanten beteuert. Die Verteidigung werde sich auf ein „mangelhaftes Ermittlungsverfahren“ stützen. Zudem wolle man zeigen, welch liebevolle Beziehung zwischen Vater und seinem gesundheitlich beeinträchtigten Sohn geherrscht habe.
Nach Aufnahme der Personalien wurden die Geschworenen vereidigt. Der Staatsanwalt führte aus, wie der 39-Jährige in Tatverdacht geraten ist. Er wirft dem Angeklagten vor, dass er "seinen Sohn in die Hochwasser führende Kitzbüheler Ache geworfen hat".
Im medialen Fokus
In der Öffentlichkeit stand die Familie allerdings schon vor dem tragischen Tod des damals Sechsjährigen.
Der geistig beeinträchtigte Bub litt an einem schweren Gen-Defekt. Seine Eltern gaben auf einer Homepage Einblicke in ihren Alltag und machten dabei kein Hehl daraus, dass die Betreuung von Leon sie immer wieder stark forderte.
Leons Schicksal war immer wieder präsent
Mit einem eigenes gegründeten Verein sammelten sie Spenden, mit denen die Erkrankung und mögliche Therapien des seltenen Syngab-Syndroms erforscht werden sollte. Nicht zuletzt, weil das Paar etliche prominente Unterstützer gewinnen konnte, war Leons Schicksal immer wieder medial präsent.
Umso größer war die Aufmerksamkeit, als der Bub unter Umständen ums Leben kam, die nun vor Gericht geklärt werden sollen. Am 22. August 2022, einem Sonntag, fanden Einsatzkräfte nach einer groß angelegten Suchaktion die Leiche von Leon.
Vater bewusstlos, daneben ein leerer Kinderwagen
Zuvor hatten Passanten in den Morgenstunden Florian A. bewusstlos an der Promenade neben der Kitzbüheler Ache liegend gefunden. Neben ihm der leere Kinderwagen.
Er sei von einem Unbekannten von hinten niedergeschlagen worden, lautet seine Version - bis heute. Wie so oft war der Vater mit seinem Sohn, der nur schwer einschlief, aber am Wasser Beruhigung fand, in der Nacht an dem Fluss spazieren gegangen.
Zunächst wurde vermutet, dass der Bub aus dem Kinderwagen gekrabbelt und dann in den Fluss gefallen war, während sein Vater ohnmächtig liegen blieb. Im Februar 2023 dann die dramatische Wende in dem Fall. Für Florian A. klicken die Handschellen.
Die Ermittler gehen davon aus, dass er seinen Sohn umgebracht hat. Der Vater beteuerte über all die Monate seine Unschuld. Mehrmals versuchte sein Rechtsbeistand, den Angeklagten auf freien Fuß zu bekommen.
Anwälte gingen an die Öffentlichkeit
Im Vorfeld eines letztlich ebenfalls gescheiterten Enthaftungsantrages berief der bekannte Strafverteidiger Albert Heiss im heurigen Februar eine Pressekonferenz ein. Mit dabei auch sein Kollege Mathias Kapferer, der die Mutter von Leon vertritt. Er versicherte, dass seine Mandantin weiterhin "absolute Loyalität gegenüber ihrem Gatten" habe.
Wenn die Verteidigung nunmehr öffentlich Ermittlungsergebnisse in ihrem Sinn interpretiert, dann verfolgt sie das Gegenteil: Dann geht es offenbar darum, bereits jetzt die späteren Richter - voraussichtlich Geschworene - zu beeinflussen.
Es sei "zu Pannen und Fehlern" gekommen, behaupteten die Rechtsanwälte. Dies würden in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten belegen. Heiss sprach von "massiven Zweifeln an den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens", das aus seiner Sicht nicht objektiv geführt wurde.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck zeigte sich verärgert. Ihr Ziel sei "eine möglichst unbefangene und unbeeinflusste Entscheidung des Gerichts zu gewährleisten."
Vorwurf der Beeinflussung
Und erklärte: "Wenn die Verteidigung nunmehr öffentlich Ermittlungsergebnisse in ihrem Sinn interpretiert, dann verfolgt sie das Gegenteil: Dann geht es offenbar darum, bereits jetzt die späteren Richter - voraussichtlich Geschworene - zu beeinflussen."
Es ist jedenfalls mit einem Indizienprozess zu rechnen. Es sollen 25 Zeugen sowie mehrere Gutachter gehört werden. Mit einem Urteil wird am 1. August gerechnet.