Lehrerbewertungs-App "Lernsieg": Schüler können nun kommentieren
„Wissen Sie, was Schicksal ist, Herr Hadrigan? Es sieht alles und es wird Sie vernichten.“
Hassnachrichten wie diese bekam der damals 17-jährige Schüler Benjamin Hadrigan vergangenen Herbst, weil er eine App entwickelt hatte.Es handelt sich um die umstrittene Lehrerbewertungsapp „Lernsieg“. Obwohl die Applikation nach der Aufregung offline ging, ließ Hadrigan nicht locker. Im Februar erfolgte der Neustart und seit Mittwoch ist seine App sogar mit zahlreichen neuen Funktionen verfügbar.
Diese sollen offenbar die von Anfang an höchst kritische Lehrergewerkschaft beschwichtigen. Besonders stießen sich die Lehrervertreter daran, dass die verwendete „Sternchenbewertung“ zu wenig aussagekräftig sei, um die Leistung eines Pädagogen zu bewerten. Der mittlerweile 18-Jährige reagierte und stattete seine App mit einer Kommentarfunktion aus. Außerdem sollen künftig Trendkurven (basierend auf Schülerbewertungen) die langfristige Leistung und Entwicklung der Lehrkräfte darstellen. Nicht zuletzt sollen so ein Schul- und Lehrervergleich möglich sein.
Zwei Versionen
Die Lehrergewerkschaft war bei der Entwicklung der App-Erweiterung nicht eingebunden. „Wir arbeiten mit einem Gremium aus Schülern, Eltern und Lehrern zusammen“, erklärt App-Erfinder Hadrigan im KURIER-Gespräch. Die Gewerkschaft habe allerdings bisher jegliche Kooperation abgelehnt.
Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) sieht das anders: „Wir haben Interesse signalisiert, uns an einen Tisch zu setzen, sofern unsere Anliegen ernstgenommen werden. Dazu war keine Bereitschaft vorhanden.“ Er sehe in den neuen Funktionen zudem keinerlei Entgegenkommen, legt der 54-Jährige nach.
Der große Kritikpunkt aus Lehrersicht ist unverändert: In der Datenbank können rund 90.000 österreichische Pädagogen benotetet werden. Schüler müssen dazu lediglich ihre Handynummer angeben, können abgesehen davon aber anonym bleiben. Viele Lehrer fühlen sich dadurch öffentlich an den Pranger gestellt. Lehrern wurde in Folge von mehreren Seiten ein Mangel an Kritikfähigkeit attestiert.
Von der Lehrergewerkschaft hieß es daraufhin, dass man für Feedback offen sei, die App – und deren kommerzielle Ziele – allerdings als Sammelaktion für Handynummern und daher als datenschutzrechtlich bedenklich einstufe. Laut „Lernsieg“ ist die Sorge unbegründet. „Die Datenschutzbehörde hat ihr Verfahren gegen uns eingestellt und Nummern geben wir natürlich nicht weiter“, beruhigt Hadrigan. Sein Geschäftsmodell basiere auf Werbung in der App. Die Partnerauswahl erfolge nach strengen Vorgaben und spezialisiere sich auf Schulbedarf.
Wirklich beruhigt dürften die Lehrer allerdings nicht sein. Ein HTL-Professor sieht sich durch die App sogar in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und ging vor Gericht. Zwar steht das Urteil noch aus, es könnte aber richtungsweisend sein. Kimberger zufolge warte man nun die Musterklage ab – dann könnten weitere folgen.