Lehren aus der Grapsch-Affäre an Uni
Von Julia Schrenk
Es war ein Fall, der hohe Wellen schlug – jener vom Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), der Studentinnen und Kolleginnen mehrfach und über Jahre hinweg begrapschte – und trotzdem seinen Job behielt. So soll der Professor, um nur ein Beispiel zu nennen, einer Studentin ein Foto von (s)einem Penis mit dem Text "Wo hast du Platz für mich, damit ich ihn reinrammen kann?" geschickt haben.
Wie berichtet, hat die WU den grapschenden Professor mittlerweile bis zum Jahr 2019 von Lehre und Forschung dienstfrei gestellt. Nach Bekanntwerden der Fälle erstattete die Uni außerdem Anzeige bei der Disziplinarkommission im Wissenschaftsministerium. Die hatte eine Geldstrafe von vier Monatsgehältern über den Professor verhängt. Von der Höchststrafe wurde damals aber abgesehen. Und das führte zur harscher Kritik am Wissenschaftsministerium. Konkret wurde thematisiert, dass Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) dem Disziplinaranwalt (also Opfervertreter) keine Weisung für eine Beschwerde wegen des Strafausmaßes erteilt hatte. Die wäre laut Ministerium zwar möglich gewesen, eine Rücksprache mit dem Minister sei aber gesetzlich nicht vorgesehen.
Berichtspflicht
Das soll sich jetzt ändern: Im Zuge der Änderung des Beamtendienstrechts wurden im Beamtendienstgesetz "Nachschärfungen" vorgenommen: "Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden", sagt Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner. "Der Schutz von Opfern ist uns ein wichtiges Anliegen, gleichzeitig müssen sich Beamte auf ein faires Disziplinarverfahren verlassen können."
Deshalb wird es künftig eine Berichtspflicht des Disziplinaranwalts an seine Dienstbehörde geben. Erwachsene Zeugen werden die Möglichkeit haben, eine Vertrauensperson bei der Anhörung beizuziehen. Damit will man den Opferschutz verstärken. Außerdem gibt es in Zukunft eine generelle Weisung an alle Disziplinaranwälte, wonach kein Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Rücksprache mit dem Ministerium erfolgen darf.
Zu viele Anlaufstellen
In den vergangenen fünf Jahren wurden deshalb drei Personen aus dauerhaften Dienstverhältnissen von der Uni entfernt.
"Was nicht heißt, dass es nicht mehr gab. Aber diese Zahl hält sich, in Anbetracht dessen, dass 60.000 Frauen an der Universität arbeiten und studieren, im Rahmen", sagt Gamauf. "Natürlich ist aber jeder Fall einer zu viel." Gamauf verweist auf die zahlreichen Anlaufstellen für Betroffene von sexuellen Übergriffen oder Mobbing. "Das Problem an der Uni Wien ist eher, dass Betroffene nicht erkennen können, welche die geeignetste Anlaufstelle für sie ist."
Kritik an Sicherheitspersonal der Uni
Wie berichtet, sorgte ein Kuss von zwei Frauen an der Universität Wien am Mittwoch für viel Aufsehen. Das lesbische Paar wurde von einer Frau des Sicherheitsdienstes der Uni Wien aufgefordert, das Küssen zu unterlassen. Das sei „nicht sexy“ und in einem öffentlichen Gebäude unangemessen. Auch die Universität erklärte, das Verhalten der beiden Frauen sei von mehreren Mitarbeitern als „auffällig und unpassend für die Öffentlichkeit“ beurteilt worden.
Gestern, Donnerstag, erklärte die Uni in einer Stellungnahme: „Die Wortwahl beim gestrigen Vorfall spiegelt nicht das Selbstverständnis der Universität Wien als Ort der Toleranz und Gleichberechtigung wider“. „Es geht nicht darum, dass sich an der Universität jemand sexy oder nicht verhält“, sagt Cornelia Blum, Sprecherin des Rektorats. Dass die Mitarbeiterin einer Sicherheitsfirma diese Worte gewählt habe, sei ein „bedauerlicher Einzelfall“, sagt Blum. „Der Vorfall steht nicht pars pro toto für die Qualität der Mitarbeiter in diesem Bereich.“
Securitys auf AgendaDas sieht die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) der Uni Wien anders. „Das Security-Personal ist überhaupt nicht sensibilisiert“, sagen Karin Stanger und Camila Garfias von der ÖH. Sie fordern nun mehr Schulungen für das Sicherheitspersonal und eine Entschuldigung des Rektorats bei dem betroffenen lesbischen Pärchen.
Auch Richard Gamauf, Vorsitzender des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen an der Uni Wien, ist sich nicht sicher, „wie sensibel die Security-Mitarbeiter für solche Themen sind“. Das sei ein „Problem, dessen ich mir bewusst bin“, sagt Gamauf. Das Thema stehe unabhängig von diesem Fall auf seiner Agenda. Von der Universität Wien heißt es, dass das Sicherheitspersonal bereits Schulungen hinsichtlich Gender-Sensibilisierung oder Wording absolvieren muss. „Diese Schulungen finden regelmäßig für alle Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen statt“, sagt Blum.