Deutlich weniger Asylanträge: "Schlepper umgehen Österreich großräumig"
Einen deutlichen Rückgang bei den Anträgen auf Asyl in Österreich zeigt die Bilanz des Innenministeriums, die am Freitag präsentiert wurde.
Demnach gingen exakt 13.479 Asylansuchen ein, das ist verglichen mit dem ersten Halbjahr 2023 ein Minus von 42 Prozent, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) vorrechnete.
2022 gab es zwischen Jänner und Juni noch rund 44.000 entsprechende Anträge. Ein Tiefststand ist die Zahl heuer allerdings nicht, 2019 gab es im ersten Halbjahr mit rund 12.900 Ansuchen noch weniger als heuer.
Die stellvertretende Leiterin des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Karoline Preißer, verwies darauf, dass Staaten wie Griechenland und Italien aber sogar starke Zuwächse hätten
Auffällig an den Zahlen heuer ist jedoch die hohe Anzahl Minderjähriger: Mit 53,7 Prozent kam mehr als die Hälfte der Anträge von Menschen unter 18 Jahren - 2023 war diese Gruppe mit einem Drittel aller Ansuchen deutlich kleiner. Das habe mit der Familienzusammenführung zu tun, hieß es am Freitag.
Der Anteil der Frauen unter den Asylsuchenden betrug von Jänner bis Juni 2024 36 Prozent, auch das ein viel höherer Anteil als in den vergangenen Jahren: 2022 waren es neun Prozent, 2023 24 Prozent.
Bundespolizeidirektor Michael Takács zeigte sich mit der Bilanz zufrieden, denn: Auch die illegale Migration ging zurück. Im ersten Halbjahr wurden 8.470 Menschen an den Grenzen aufgegriffen, gegenüber dem Vergleichszeitsraum 2023 ein Minus von 63 Prozent. "Die Schlepper umgehen Österreich großräumig", merkte Takács an. "Das ist ein Output vieler nationaler und internationaler Maßnahmen."
"Obergrenze bei Null ansetzen"
Für den Innenminister noch nicht genug: "Der Rückgang ist kein Grund zum Jubel", betonte Karner. "Sondern der Auftrag, weiter hart in die richtige Richtung zu arbeiten. Unser Anspruch kann nur sein, die Obergrenze bei der illegalen Migration bei Null anzusetzen."
Bezogen auf ihre Herkunftsländer sind Syrer mit rund 8.400 Anträgen mittlerweile klar an der Spitze. Zweitstärkste Gruppe sind Afghanen mit knapp 1.400 Anträgen.
Heuer wurden bisher 14.772 Aufenthaltstitel erteilt. 9.931 davon waren Asyl-Gewährungen. Der Rest verteilt sich auf subsidiären Schutz und humanitäre Aufenthaltstitel. Gute Chancen auf Asyl haben vor allem Personen aus dem Iran, Syrien und Afghanistan sowie Staatenlose.
Wohin die meisten Abschiebungen erfolgen
In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung nannte Karner erst Anfang der Woche Zahlen für das laufende Jahr, was Abschiebungen betrifft: Demnach gab es bisher 600 sogenannte "Außerlandesbringungen" mit Zielland Slowakei, dahinter folgten Ungarn, Rumänien und Polen - die meisten Abschiebungen fanden somit innerhalb der EU statt.
Im Vorjahr wurden 5.990 Menschen zwangsweise abgeschoben, 6.910 kehrten laut Bilanz des Innenministeriums eigenständig in ihr Herkunftsland zurück. Das mache 2023 zum "Jahr der Ausreisen und Abschiebungen", betonte der Ressortchef bei der Bekanntgabe dieser Statistik im März - noch nie sei die Anzahl der außer Landes gebrachten Menschen so groß gewesen.
Wie viele Anträge auf Asyl bewilligt wurden
Beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gingen 2023 78.741 Asylanträge ein - in knapp einem Fünftel der Fälle (19 Prozent) wurde Asyl gewährt. Zehn Prozent der Ansuchenden erhielten vorübergehenden Schutz bzw. humanitäres Bleiberecht. In 31 Prozent der Fälle gab es "negative Entscheidungen", mehr als 31.000 Menschen oder 40 Prozent der Ansuchenden "entzogen sich dem Verfahren", wie es im März hieß."
Wie die anderen Parteien reagieren
Kritik an Karners Bilanz kam am Freitag aus jenem Bundesland, das 2022 und 2023 die meisten illegalen Grenzübertritte zu verzeichnen hatte: Der SPÖ-Klubobmann im Landtag Burgenland, Roland Fürst, monierte, unter "keinem anderen Innenminister wurden mehr Asylanträge gestellt als unter Karner, nämlich knapp 185.000".
Deshalb gäbe es "keinen Grund zum Jubeln", wenn die Anzahl der Asylanträge nun gesunken sei. "Das Burgenland wird wie angekündigt pro Jahr nur noch 330 Asylwerber in die Grundversorgung nehmen, um die Bundesregierung zum Handeln zu zwingen", kommentierte Fürst.
Auch die FPÖ reagierte erwartungsgemäß mit Kritik: Der steirische Nationalratsabgeordnete Hannes Amesbauer sprach von "mittlerweile recht faden Rosstäuschereien" und einer "Schmähpartie der schwarzen Bürgertäuschung" .