Chronik/Österreich

Jeder dritte Salzburger leidet unter Verkehrslärm: Grüne wollen Citymaut

Neulich, 10 Uhr in Salzburg: Stoßstange an Stoßstange müht sich eine Autokolonne in Richtung Staatsbrücke, hinter den Lenkrädern genervte Gesichter. Es staut vor der Brücke, auf der Brücke, nach der Brücke, und überhaupt. Vom Bahnhof zum Justizgebäude auf der anderen Seite der Salzach braucht man zu Fuß knapp 30 Minuten. Mit Bus und Auto zu Stoßzeiten oft genauso lange.

"Nur mit einer Citymaut wird die Schadstoffbelastung reduziert"


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Seit 1990 habe sich das Verkehrsaufkommen in der Stadt fast verdoppelt, sagt der Stadtrat Johann Padutsch (Grüne Bürgerliste). Laut einer Studie leiden 50.400 Salzburger – das sind 34 Prozent der Stadtbevölkerung – tagsüber an Lärm im gesundheitsschädlichen Ausmaß von mehr als 55 Dezibel. Nachts sind sogar 43 Prozent betroffen (Grenze: 45 Dezibel).

Mit diesen Zahlen verlieh Padutsch seiner Forderung nach einer Citymaut am Freitag Nachdruck: „Nur mit einer Citymaut wird die Schadstoffbelastung reduziert, die Staus werden abgebaut, der Bus wird attraktiver. Und jene, die das Auto wirklich brauchen, kämen schneller voran.“ Das Geld könne man wiederum in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs investieren.

Wahlkampfthema

Für eine Citymaut spricht sich auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) aus. „Die täglichen Staus machen ein Handeln nötig“, sagt Markus Gansterer. Überall dort, wo die Citymaut eingeführt wurde, habe sie sich bewährt – London, Trondheim, Göteborg und Mailand. Als Musterbeispiel wird die schwedische Hauptstadt Stockholm angeführt. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei seit der Einführung 2007 von 30 auf mittlerweile 70 Prozent angestiegen. Die Zahl der Autos in der Innenstadt konnte um ein Fünftel reduziert werden – selbiges strebt Padutsch in Salzburg an.

Die Citymaut hat er als sein Wahlkampfthema auserkoren – der Verkehr sei eines „der brennendsten Themen in der Stadt“, sagt er. Bisher scheiterte er damit aber stets am Widerstand der anderen Fraktionen im Gemeinderat. Für die Einführung bedürfe es einer Änderung im Landesgesetz, erklärt er.

Mit der feierlichen Eröffnung der ÖBB-Haltestelle Salzburg-Liefering am Freitag steht das städtische S-Bahn-Netz vor dem Lückenschluss.

Offen ist nur noch der Bau des dritten Gleises nach Freilassing in Bayern. Das Projekt war schon auf Schiene, spießt sich momentan aber am Einspruch eines Bauunternehmers. Der unterlegene Bieter hatte Einspruch gegen die Auftragsvergabe erhoben. Damit dürfte der geplante Baubeginn im Frühjahr 2014 sowie der anvisierte 15-Minuten-Takt für Bahnnutzer in die Ferne rücken.

3,7 Mio. Fahrgäste

Zurück nach Liefering: Die neue Haltestelle samt neuen Gleisen auf zwei Kilometern im Nordwesten der Stadt geht mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember in Betrieb. Im Halbstundentakt werden dann pro Werktag 80 Züge einen Zwischenstopp in Liefering machen.

Die ÖBB setzen damit ihre S-Bahn-Erfolgsstory fort: Seit Inbetriebnahme der Linie 2003 hat sich die Zahl der Fahrgäste verdreifacht. Im Jahr 2012 haben 3,7 Millionen Fahrgäste den S-Bahn-Ast zwischen Golling im Tennengau und Freilassing in Bayern genutzt.