Immer mehr Hilferufe: Wenn der Kühlschrank leer bleibt
Von Sabine Salzmann
Es sind Geschichten, die unter die Haut gehen: Wie der Hilferuf einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern. Trennung, Umzug, hohe Miete und die Kaution, die nicht aufzubringen war. „Sie war kurz davor, auf der Straße zu stehen“, erzählt Melanie Fritzer, die Leiterin der Sozialberatung der Caritas Salzburg. Oder: Eine am Boden zerstörte Mindestpensionistin, die die drohenden Belastungen in der kalten Jahreszeit nicht stemmen wird können. Fritzer und ihr Team kennen die Schicksale aus vielen langen Gesprächen.
Armut ist kein Randphänomen mehr
Immer mehr Menschen stehen vor einem Dilemma: Ihre Geschichten sind kein Randphänomen. Wenn das Geld nicht mehr für Stromrechnung, Miete und einen vollen Kühlschrank reicht, ist der Druck enorm. Selbst Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Reis oder Öl belasten mittlerweile Geldbörsen, wo jeder Euro umgedreht werden muss. Hochwertiges Brot droht ein Luxusgut zu werden. Den Weg zur Caritas scheuen trotzdem viele Betroffene, bis es gar nicht mehr anders geht.
Der Verzweiflungsgrad sei in immer mehr Beratungsgesprächen hoch, so der Eindruck bei der Caritas. Das Geld wird oft schon Mitte des Monats knapp. Fleiß, selbst in Vollzeit-Jobs, und ein enormer Wille, vor allem auch den Kindern zuliebe zurechtzukommen, reiche oft nicht mehr aus. Dass etwa kein Geld für eine Schultasche da ist, bereite immer mehr Müttern schlaflose Nächte.
Die Armut sei mitten in der Gesellschaft angekommen, meint Fritzer. Und die offenen Rechnungen werden immer höher. „Beträge jenseits der 1.000 Euro sind keine Seltenheit mehr.“
Wie die Caritas helfen kann
Die Caritas-Berater sind in vielen Fällen Vermittler. „Wir versuchen, bei Vermietern oder Stromanbietern Stundungen zu erreichen.“ Oder es hilft schon ein einfacher Anker: Immer mehr Menschen helfen Lebensmittelgutscheine aus akuter Not.
Was im Berater-Team mit neun Mitarbeitern auffällt: „Die Wartezeiten werden länger und die Fälle komplexer. Es lässt sich oft nur noch schwer ein Ausweg finden“, weiß Fritzer.
In den Beratungen (in den Regionen werden auch Online-Termine angeboten) zeichnet sich auch ein alarmierender Trend ab: Immer mehr Haushalte können das Geld für unvorhergesehene Anschaffungen oder Reparaturen etwa von Haushaltsgeräten nicht mehr aufbringen. Corona und Kurzarbeit haben die Finanzreserven in vielen Familien schnell schrumpfen lassen.
Auch die Arbeiterkammer Salzburg alarmierte gerade in einer IFES-Umfrage, dass bereits neun von zehn Österreichern die Teuerung zu spüren bekommen. Die größten Sorgen bereiten die Teuerung am Lebensmittel- und Energiesektor. 47 Prozent haben demnach einen sehr dünnen Finanzpolster von 1.000 Euro und darunter zur Verfügung. Dem stehen derzeit prognostizierte Mehrkosten durch die Teuerung von 3.000 Euro pro Haushalt und Jahr gegenüber. Die Schere geht damit immer weiter auseinander.
Aufruf: Klimabonus spenden
Den Klimabonus bekommen alle Österreicher – egal ob finanziell bedürftig oder nicht. „Wenn Sie nicht auf den Klimabonus angewiesen sind, dann bitten wir Sie um Solidarität“, startete die Caritas Salzburg mit Direktor Johannes Dines einen Aufruf und bekommt dafür viel positiven Zuspruch. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft sei hier immerhin spürbar, so die Einschätzung. Aber nicht nur der Klimabonus hilft. Fritzer: „Wir brauchen jeden Euro.“