Helikoptereltern an den heimischen Unis

Chronik/Österreich

Helikoptereltern an den heimischen Unis

Von der Kinderkrippe bis zur Sponsion. Das Phänomen der Helikoptereltern trifft nicht nur die Volksschulen, sondern ist mittlerweile auch in den heimischen Hochschulen angekommen.

Die für überfürsorgliche Menschen geprägte Bezeichnung beschreibt recht anschaulich, wie gewisse Eltern ihre Erziehungsaufgabe interpretieren: Sie kreisen ständig um ihre Sprösslinge, wollen überall die Kontrolle behalten und ihrem Kind alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Und das nun auch über die Matura hinaus.

Bei der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) ist man mit dem Problem bereits vertraut. Diese bietet nach der Matura Beratungen für zukünftige Studenten an. „Oft kommen Eltern mit zu den Gesprächen, die sich mehr für alles interessieren als ihre Kinder. Man muss quasi alles extra aufarbeiten, obwohl sich der angehende Student die Information auch selbst suchen könnte“, heißt es von einer der Beratungsstellen der ÖH in Klagenfurt.

Man habe das Gefühl, die Generation 2000 werde lesefaul und möchte alles vorgekaut haben. Erfahrungen mit Helikoptereltern habe man jedenfalls schon einige gemacht. Teilweise seien die zukünftigen Studenten nicht einmal anwesend, wenn ihre Eltern die Beratungsstellen mit Fragen löchern: Wo soll mein Kind wohnen? Welche Kurse sollen besucht werden?

Es habe auch schon Fälle gegeben, wo Studenten in die ersten Vorlesungen von ihren Eltern begleitet wurden. Auf der Uni Wien ist es in der Zwischenzeit keine Seltenheit mehr, dass Eltern zu Aufnahmeverfahren ihrer Kinder mitkommen. Den Hörsaal dürfen dann allerdings nur Bewerber betreten.

Alle Inhalte anzeigen

Veranstaltung für Eltern

In Kärnten gibt es gemeinsame Eltern-Informationsveranstaltungen von Uni, FH und Pädagogischer Hochschule (PH), die sich vor allem an Menschen ohne akademischen Hintergrund richten. „Dort wird erklärt, auf was zukünftige Studenten achten müssen“, sagt Universitätsrektor Oliver Vitouch (siehe Interview darunter). Auch an der Uni Innsbruck sind telefonische Anfragen von Eltern zu Studienangebot und Zulassung keine Seltenheit mehr. Dass diese zu Studienberatung und Einschreibung mitkommen, findet man hier „fast schon normal“.

Interventionsversuche

Auch nach Studienbeginn würden sich einzelne Eltern über die Maßen engagieren und versuchen, für ihre Kinder zu intervenieren, wenn diese eine Frist verpasst haben oder die Noten nicht passen – allerdings ohne Chance auf Erfolg, wie die Hochschulen betonen. „Bei allem, was Beratungscharakter hat, dürfen Eltern dabei sein. Ihre Rechte und Pflichten müssen die Studierenden aber persönlich wahrnehmen“, formuliert man es etwa an der Uni Wien. Die FHs verweisen dann auch auf den Ausbildungsvertrag, der zwischen Student und FH abgeschlossen werde und nicht mit den Eltern.

Oft versuchen Eltern auch, von der Ferne aus den Studienerfolg der „Kinder“ zu kontrollieren. Eltern müssen jedoch aufgrund der Datenschutzverordnung mit einer Vollmacht ausgestattet sein, um Informationen zu erhalten.

„Smartphones sind Nabelschnur“

 Oliver Vitouch Psychologe und Rektor in Klagenfurt im Gespräch.

KURIER: Was fällt Ihnen zu  Helikoptereltern ein? 
Vitouch: Ich würde  sagen, Schneepflugeltern trifft es fast noch besser. Man versucht, den „Kindern“  alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Was bedeutet das für die Universität?  
Es ist einigermaßen offensichtlich, dass Eigenständigkeit und Selbstwirksamkeit an der Universität hohe Werte sind. Diese wollen wir vermitteln und fördern. Uni ist sicher nicht die Fortsetzung von Schule mit anderen Mitteln. Auf Universitäten gibt es aus gutem Grund keine Elternvereine.

Sind manche angehende Studenten zu faul, sich Informationen selbst zu beschaffen – Stichwort „Goldener Löffel“?
Das Phänomen an sich ist gar nicht so neu. Überbehütung ist aus psychologischer Sicht keine gute Idee. Neben negativen Effekten auf die Selbstregulation, können solche  Eltern-Kind-Beziehungen leicht in Überwachung und exzessive Einmischung kippen.

Was könnte ein Grund für diese Entwicklung sein?
Möglicherweise die Mobiltelefonie. Prägnant ist die Redewendung „Smartphones sind die längste Nabelschnur der Welt“. Im Unterschied zu früher ist man auf kürzestem Wege in Wort und Schrift in Kontakt.