Chronik/Österreich

Graz-Wahl: Grüne wollen fixe Koalition statt „durchwurschteln“

„Es ist Zeit für eine Bürgermeisterin“, konstatiert Judith Schwentner. Die Ansage der Parteiobfrau der Grazer Grünen ist mutig, landete die Partei 2017 mit 10,5 Prozent der Stimmen doch nur auf dem vierten Platz. Doch sie ist erfrischend offensiv: Die 52-Jährige ist die Einzige, die ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl keck den Anspruch auf den Bürgermeistersessel streitig macht, und sei es vorerst nur als Ansage im Wahlkampf.

Ob es nach dem kommenden Wahlsonntag dann auch für mehr reicht als Forderungen, hängt auch davon ab, wie gut sich die Grünen im eher lauen Wahlkampf positionieren konnten. Schwentner versuchte, bekannt grüne Themen zu besetzen, Klima, mehr Grün in der Stadt, weg vom Auto hin zum Fahrrad. Damit ist dann auch schon der Verhandlungsrahmen nach dem 26. September abgesteckt, wenn es um mögliche Arbeitsübereinkommen geht. „Klimaschutz hat Priorität“, betont Schwentner. „Das ist für mich in einer Koalition entscheidend.“

Was geht sich aus?

Zudem müsse es eine fixe Vereinbarung für die kommende Gemeinderatsperiode geben, das ist der zweite Grundpfeiler der Grünen. „Es ist eine Bedingung für mich, dass wir ein Koalitionsübereinkommen haben“, kündigt Schwentner an. „Mit mir wird es nur eine verbindliche Koalition geben. Noch einmal fünf Jahre durchwurschteln gibt es mit mir nicht.“ Das nimmt Zündstoff aus der stark schwelenden Diskussion um eine linke Mehrheit aus KPÖ, Grünen und SPÖ, Elke Kahr schließt für die Kommunisten fixe Koalitionen aus. Blieben ÖVP und Grüne, analog zum Bund und mit Vorbild Graz 2008, als die damalige Grünen-Obfrau Lisa Rücker Vizebürgermeisterin wurde. Doch die derzeitige Obfrau will sich nicht festlegen, die andere Partei sei für sie nicht entscheidend, sondern die geforderte „Klimaschutz-Koalition“. Ausgenommen der FPÖ, mit ihr werde es keinerlei Pakt geben, betonte Schwentner.

Bürgermeister war 2008 übrigens bereits seit fünf Jahren Siegfried Nagl, der mittlerweile der Stadtchef mit der längsten Amtszeit überhaupt ist. Das sei auch ein Grund für Veränderung, glaubt Schwentner. „Es darf kein Abo auf das Amt geben.“ Damit sie um das Vizebürgermeisteramt pokern können, müssen die Grünen gegenüber 2017 zulegen: In Umfragen erreichen sie 15 Prozent der Stimmen und überholen die FPÖ, die auf zwölf Prozent abrutscht. Das würde bei halbwegs gleichbleibendem Ergebnis der ÖVP reichen.

Allerdings liegt in der Stadt mehr grünes Potenzial: Bei den Nationalratswahlen 2019 landeten die Grünen mit rund 27 Prozent der Stimmen hinter der ÖVP mit 28,4 Prozent. Bei den Landtagswahlen zwei Monate später war das Ergebnis noch knapper: Die ÖVP kam auf 25,35 Prozent der Stimmen, die Grünen auf 25,22 Prozent.