Chronik/Österreich

Graz hat doppelt so viele Anlegerwohnungen wie Linz

Rund 18.000 Wohnungen wurden 2015 bis 2020 in Graz neu gebaut. Auffällig dabei sind laut aktueller Studie zwei Details: Erstens, die Menge an neuen Wohnungen überschreitet den Bedarf durch Zuzüglern bei Weitem und zweitens – fast die Hälfte der Objekte werden nicht von ihren Eigentümern selbst genützt, sondern sind reine Anlegerwohnungen.

Die Studienautoren von „Regionalis“ untersuchten den Geschoßwohnbau bis 2020 sowie die Preisentwicklung bis 2021. Demnach wurden in Graz 44 Prozent der neu errichten Wohnungen nur gekauft, um sie anschließend zu vermieten. Damit hat Graz mehr als doppelt so viele Anlegerwohnungen wie Linz, wo dieser Anteil bei 20 Prozent liegt. Und auch deutlich mehr als Wien mit 24 Prozent Anlegerwohnungen.

Die Diskrepanz zwischen privat oder gewerblich errichtet und sozialökonomischen Objekten ist ebenfalls beachtlich. Nur 15 Prozent aller Mietwohnungen in der steirischen Landeshauptstadt sind Genossenschafts- oder Gemeindewohnungen. Linz weist einen Anteil von über 50 Prozent auf, in Klagenfurt sind 34 Prozent, in Salzburg 24 Prozent.

Diese Kluft konnte noch durch relativ günstige Mieten kompensiert werden, in Graz zeigte man nämlich laut Studie die „geringste Zahlungsbereitschaft aller Landeshauptstädte“: 611 Euro für zwei bis drei Zimmer und 56 Quadratmeter waren die Durchschnittsmiete – bisher.

Denn die Experten sehen bald Probleme wegen der Teuerung im Energiebereich. „Die Wohnkosten steigen jetzt stark an“, überlegt Günther Rettensteiner von „Regionalis“. „Dadurch wird die Leistbarkeit von Wohnen immer brisanter.“

Kommunaler und geförderter Wohnbau sei in Graz nicht nur verglichen mit anderen Landeshauptstädten viel zu gering: Gemessen am gesamten Neubau wurden nur zehn Prozent in der Stadt gefördert – steiermarkweit jedoch 26 Prozent. Entsprechend hoch fallen auch die Preissteigerungen in den östlichen und westlichen Stadtbezirken aus, in denen am meisten gebaut wird. Sie waren 2021 um rund 43 Prozent höher als in den Jahren zuvor.

Basis für neue Regeln

Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) versichert, als Konsequenz dieser Erhebung würden nun „faktenbasiert“ nächste Schritte gesetzt. „Die Stadt kann Regeln zur Bebauung nicht willkürlich festlegen“, betonte Schwentner am Montag. „Aber die Studie liefert uns endlich die Basis für viele neue Regeln und Verordnungen.“ Es müsse in Richtung geförderter und leistbarer Wohnraum gehen.