Für immer jung: Im "Wohnzimmer" der Austropop-Stars
Von Markus Foschum
„Von Mozart bis Falco“ spannt die Ausstellung im Wiener Theatermuseum den musikalischen Bogen des „Austropop“. Klingt ein bisserl weit gefasst, aber es gibt einen Ort, der zu beiden (sehr unterschiedlichen) Größen der österreichischen Musikgeschichte eine besondere Beziehung hat: ein Wirtshaus im Wienerwald.
„Wolfgang Amadeus Mozart war mit seinem Vater am 25. April 1785 da, damals hieß der Gasthof „Goldener Adler“. Leopold Mozart brach von hier nach Salzburg auf. Vater und Sohn sollten einander nie wiedersehen“, erzählt Niki Neunteufel, Wirt des heute Nikodemus genannten Hauses.
Und Falco? „Er war oft zu Gast, es hat sich eine Freundschaft entwickelt. Ich habe noch das letzte Foto, bevor er in die Dominikanische Republik aufbrach. Am 5. Februar 1998 hätte er mit Queen im Nikodemus spielen sollen. Er schickte Grüße, ließ sich entschuldigen, am 6. Februar verunglückte er tödlich“, sagt Neunteufel wehmütig.
„Ich bin’s, der Niki“
Dass ein altes Wirtshaus in Purkersdorf (NÖ) ein Zentrum des Austropop wurde, so sehr, dass viele Objekte von dort eine Ausstellung zieren und sogar die Bar im Museum nachgebaut wurde, ist dem Zufall geschuldet. Denn der legendäre Austropop-Wirt wollte ursprünglich was anderes.
„Ich war unterwegs, in den USA, in Australien und wollte eigentlich dortbleiben. Aber ich bekam keine Arbeitsbewilligung“, erzählt Neunteufel. Also kehrte er – geplant nur vorübergehend – ins Familienwirtshaus in Purkersdorf zurück. Und das Schicksal schlug zu. Und zwar beim Friseur.
Dort traf Neunteufel Wolfgang Ambros. Der ist 1989 Austropop-Superstar und denkt zunächst an einen lästigen Fan, der ihn da so anstarrt. „Ich bin’s, der Niki“, stellt sich Neunteufel vor. „Du bist aber groß geworden“, entgegnet Ambros.
Denn die beiden kannten sich. „Meine Oma und die Mutter von Wolfgang waren befreundet. Er war oft bei uns zu Hause, aber 15 Jahre älter als ich, deshalb erkannte er mich nicht gleich wieder.“
Die neu gefundene Freundschaft wird gefeiert. Ambros spielt in Purkersdorf ein Open-Air („unter nicht sehr professionellen Umständen“). Neunteufel begleitet ihn auf Tour nach Deutschland und ist dem Austropop verfallen.
Eine kühne Idee
Wieder zurück haben die beiden eine kühne Idee: Ein Treffpunkt für österreichische Musiker. Neunteufels Vater lacht, stellt aber den ohnehin leer stehenden Ballsaal zur Verfügung. Doch ein Problem gibt es noch: den Namen.
Und das kommt so – durch Zufall: „Wilfried wohnte damals in Pressbaum in der Nikodemusgasse. Acht Wochen vor Lokaleröffnung haben wir ihn besucht. Wolferl hat das Straßenschild gesehen und gesagt: Da hast du deinen blöden Namen. Ich hatte zwar keine Ahnung, wer Nikodemus war, aber die Bezeichnung passte zu Niki“, schildert Neunteufel mit einem verschmitzten Lächeln.
Die Ausstellung: „Austropop – Von Mozart bis Falco“ ist noch bis 4. September im Theatermuseum am Lobkowitzplatz 2 im ersten Wiener Bezirk zu sehen. Info: theatermuseum.at
Das Wirtshaus: Das Nikodemus in Purkersdorf wird seit 33 Jahren von Niki Neunteufel als Musikerlokal geführt. Auch heute noch gibt es immer wieder Events. Dazu organisiert Neunteufel gemeinsam mit der Gemeinde seit 2002 alljährlich das Purkersdorf Open Air.
Heuer spielen am dortigen Hauptplatz (bei freiem Eintritt) am 17. Juni die Gipsy Kings und am 26. August Gert Steinbäcker und Band
Dann geht es los. Und zwar gleich so richtig. „Schon bei der Eröffnung waren viele Bekannte, wie die Jazz Gitti, da. 1992 ist dann Rudi Dolezal nach Purkersdorf gezogen und hat internationale Stars gebracht“, sagt Neunteufel.
„Bürgermeister war Karl Schlögl, der jede Woche mit Franz Vranitzky Tennis gespielt hat, und dann sind sie bei uns im Lokal gesessen. Ich war 23 Jahre alt und habe gar nicht hinterfragt, welches Glück ich hatte.“
Helden
Und so wird das Nikodemus legendär. Ambros, Georg Danzer und Rainhard Fendrich gründen hier Austria 3. Ostbahn Kurti, Konstantin Wecker, Hubert von Goisern, S.T.S., EAV, Christina Stürmer und OPUS haben aufgespielt. Die Stars gingen ein und aus, völlig ungestört.
„Das wäre heute undenkbar. Es gab aber damals keine Selfies, kein Social Media. Die Künstler hatten keine Angst, mit peinlichen Fotos irgendwo zu landen“, sagt Neunteufel. „Und es gab lustige, lange und legendäre Nächte“.
Dass Museumsdirektorin Marie Theres Arnbom ihn angerufen und das Nikodemus so eine wichtige Rolle in der Schau spielt, sei eine große Ehre. „Wie ich mit meinem Sohn und meinem Enkel durchs Museum gegangen bin, war das toll“. Und dass noch immer viele Gäste ins Nikodemus kommen und fragen, wo der Ambros oder der Falco immer gesessen sind auch. „Das Nikodemus ist ja auch ein kleines, interaktives Museum“, sagt Neunteufel. Sein Lieblingslied? „Für immer jung“