Frei-Bad: Die letzten Gratis-Seezugänge in Österreich
Von Thomas Martinz
Verheißungsvoll liegt er da, paradiesisch beinahe – der Attersee. Die Wellen glitzern in der Sonne. Die Autodächer allerdings auch. Der Parkautomat spuckt das Ticket aus. Vier Euro wird das Abstellen am Ende des Tages gekostet haben, auch wenn der Badeplatz gratis ist.
Freien Zutritt zu Seen forderte Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) vor einer Woche – er will das in der Landesverfassung verankert wissen. Frei heißt allerdings nicht kostenfrei. Wer nichts konsumieren will – außer das Wasser –, der wird auch an den zugänglichen Plätzen an den Seen oft zur Kasse gebeten. Erholungsplätze ohne Konsumzwang sind äußerst rar (siehe Grafik).
„So frei ist der Seezugang nämlich nicht“, sagt Susanne Filla aus Neusiedl am See (Burgenland). Sie und ihre Mutter Elisabeth sind Gäste im Strandbad. „Wenn ich schwimmen will, muss ich fast überall bezahlen, selbst im eigenen Ort“, erklärt sie. Sie gehe daher mittlerweile meist nach Jois, wo kein Eintritt verlangt wird. Das ist der einzige Ort am See, wo das so funktioniert.
An bestehenden Einrichtungen an den Seen und Widmungen für Projekte will Niessl übrigens nicht rütteln. Der Kärntner Tourismusexperte Manfred Kohl wählt da einen anderen Zugang. Er setzt sich vor allem am Wörthersee für mehr freien Seezugang ein. Für ganz Österreich wünscht er sich, dass natürliche Seezugänge geschaffen werden. Und zwar dort, wo Seegrundstücke der öffentlichen Hand gehören oder sich defizitäre Strandbäder befinden. So muss nicht auf privates Eigentum zugegriffen werden. „Es soll vor allem um die Lebensqualität der Einheimischen gehen, dem Tourismus würde das nicht schaden“, sagt der Experte.
Volksbegehren
Um freie Seezugänge geht es auch dem Kärntner Verein namens „Mutbürger“. Er fordert, die letzten öffentlich zugänglichen Flächen als unverkäuflich in die Landesverfassung aufzunehmen. Weiters will die Vereinigung ein Neubebauungsverbot für diese Uferflächen erwirken. In Österreich wäre dies übrigens eine Premiere, in Bayern hat eine vergleichbare Forderung bereits seit 70 Jahren ihren Platz in der Verfassung.
Bis Ende November sammeln die „Mutbürger“ Unterschriften, um ein diesbezügliches Volksbegehren einzuleiten. „2000 Unterschriften sind erforderlich. Aktuell halten wir bei 1900, nächste Woche dürften wir die Latte überspringen“, sagt Gerhard Godescha, Obmann der „Mutbürger“. Das ist insofern bemerkenswert, als in Kärnten zur Einleitung eines Volksbegehrens gewaltige Hürden warten: So musste ein entsprechendes Formular ohne Hilfe der Landeswahlbehörde erstellt werden. Dieses liegt dann nicht bei den Gemeinden auf, sondern muss auf www.seenvolksbegehren.at geordert, ausgefüllt und schließlich bei der jeweiligen Gemeinde bestätigt werden. Daher spricht Godescha jetzt bereits von einem „großen Erfolg“.
Schafft die Initiative beim Volksbegehren 7500 Unterschriften, so muss sich der Landtag mit den Forderungen der „Mutbürger“ beschäftigen. Diese beinhalten außerdem die elektronische Erfassung aller Seegrundstücke in Kärnten, die Schaffung eines Fonds aus den Motorbootabgaben zum Ankauf von neuen Liegenschaften und die Wegefreiheit für in öffentlicher Hand befindlichen Seeuferbereichen.
Österreichweit
In Oberösterreich, wo auch viele Seegrundstücke in Privatbesitz sind, wollte die damals schwarz-grüne Regierung 2015 den freien Seezugang in die Landesverfassung aufnehmen. Am Attersee gibt es etwa zehn kostenlose Badeplätze, am Traunsee sind es acht. Am Achensee in Tirol kann man an vielen Stellen kostenlos baden, aber nur an vier Gratis-Plätzen gibt es auch Infrastruktur. Am Salzburger Hintersee gibt es zwei gratis Schwimmmöglichkeiten, am Wolfgangsee gar nur einen Platz. Ebenso gibt es auf der Vorarlberger Seite des Bodensees nur drei Gratis-Bäder. „Es ist wichtig, auch im ländlichen Bereich mehr Plätze zu schaffen, die zu jeder Jahreszeit und jeder Tageszeit für alle zugänglich sind, ohne zahlen zu müssen“, sagt der Tourismusexperte Kohl.
Pensionistin Elisabeth Filla kommt seit 35 Jahren in das Neusiedler Strandbad – und zahlt aber. „Es ist eine der schönsten Anlagen hier am Neusiedler See“. Sie hat eine Saisonkarte, die für Senioren 52 Euro kostet. Vor zwei Jahren habe diese aber noch 35 gekostet, das Angebot habe sich seither nicht verbessert. Auch außerhalb des Strandbades fehle es an Plätzen, an denen nicht konsumiert werden müsse. Die Seestraße endet am Restaurant Mole West und auch die im Bau befindlichen Eigentumshäuser „Am Hafen“ werben mit einem privaten Pier und einem Badeplateau „nur für die wenigen Hausbesitzer“.
Parkplatzgebühren
Sie würde sich freuen, wenn statt dem Eintritt Parkgebühren verlangt werden. „Dann würden wir Einheimischen profitieren“. Diese Maßnahme empfiehlt auch der Tourismusexperte Manfred Böhm, denn „Zäune und Hecken müssen weg. Den meisten Gästen reicht es ja, wenn Toiletten und Umkleidekabinen vorhanden sind“. Das könne man mit Parkplatzgebühren finanzieren.
Von Konstantin Auer und Thomas Martinz
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Vergleich: Das kosten die Bäder
Der Preisvergleich von ausgewählten Strandbädern in ganz Österreich zeigt, dass ein Tag am See von Ort zu Ort unterschiedlich viel kostet (siehe Grafik). Auch an den einzelnen Seen selbst gibt es Preisunterschiede zwischen den Strandbädern. Am teuersten ist ein Tag am See in Hard am Bodensee. In dem Vorarlberger Seebad kostet eine Tageskarte für einen Erwachsenen 4,70 €, der Parkplatz 6,40 € am Tag, eine Stärkung mit Pommes macht 3,60 €, eine Stunde Tretbootfahren gibt es im Verleih um 17 € und Würstel um 5,60 €. An so einem Tag fallen für einen Erwachsenen Gesamtkosten von 37,30 € an.
Am billigsten kommt der Badetag am Millstätter See in Kärnten. Das gleiche Angebot kostet dort 26,80 €.
Die Bäder bieten aber teilweise Ermäßigungen für Senioren, Studenten und Jugendliche. Kinder kommen meist gratis rein.
Was ein Tag am See kostet, ist auch von der vorhandenen Infrastruktur abhängig. So gibt es in manchen Strandbädern einfache Imbisse, in anderen richtige Restaurants. Mancherorts gibt es neben dem See noch Pools und Rutschen. Was den Preis beeinflusst, ist die Parkplatzsituation. Für einen Ausflug an den See muss also tief in die Tasche gegriffen werden. Es sei denn, man bringt das Essen selbst mit, fährt mit dem Rad und besucht die wenigen Gratis-Liegewiesen.