Chronik/Österreich

Flüchtling: "Ich will etwas zurückgeben"

„Das ist einfach echt cool!“ Georg Gassauer vom Train Of Hope kann die Freude nicht verbergen. Muss er auch nicht. Am Freitag, einen Tag vor dem heutigen Tag des Ehrenamtes, wurde bekannt, dass der Train Of Hope, jener Zusammenschluss von freiwilligen Helfern, der auf dem Wiener Hauptbahnhof eine umfassende Versorgung für Flüchtlinge auf die Beine gestellt hat, mit dem Menschenrechtspreis der Liga für Menschenrechte geehrt wird.

"Die Freiwilligen von Train of Hope zeigen seit Monaten, wie man respektvoll und empathisch handelt und dabei mit größtem Einsatz Menschen, die unendliches Leid erleben mussten, die Würde zurückgibt", begründet Barbara Helige, Vorsitzende der Liga für Menschenrechte, die Entscheidung.

Seit Anfang September gibt es den Train Of Hope, mittlerweile besteht das Kernteam aus zirka 80 freiwilligen Helfern. Weitere 120 Personen engagieren sich unregelmäßig. Darunter sind auch Asylwerber, die selbst noch gar nicht so lange im Land sind. "Sie haben gesehen, wie wir Österreicher ihnen geholfen haben und wollen deshalb uns helfen", sagt Gassauer. "Die Willkommenskultur war ein Schock für sie. Ein positiver."

Alle Inhalte anzeigen

Wertschöpfung

Bei den NGOs meldeten sich zuletzt viele Freiwillige. 15.000 unterstützten die Flüchtlingshilfe der Caritas, das Rote Kreuz kann insgesamt auf 70.000 Freiwillige zählen, bei der Stadt Wien meldeten sich 1700.

Gottfried Haber, Professor an der Donau Universität Krems, führte eine Studie über die ökonomische Bedeutung der Gemeinnützigkeit in Österreich durch. Dieser Studie zufolge bringen gemeinnützige Tätigkeiten Österreich jährlich eine Wertschöpfung von etwa zehn Milliarden Euro. 70.000 Arbeitsplätze werden dadurch geschaffen. Würde Österreich sein Niveau in Sachen Freiwilligenarbeit an das Niveau Deutschlands anpassen, würde das eine zusätzliche Wertschöpfung von etwa drei Mrd. Euro und 24.000 weitere Jobs bringen.

Dass sich Asylwerber selbst in der Flüchtlingshilfe engagieren, erachtet Haber als "sehr sinnvoll". "Sie nützen ihr Potenzial, obwohl sie noch nicht am Arbeitsmarkt teilnehmen dürfen", sagt Haber. So können sie einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen. "Diese Menschen leisten dann etwas und können gleichzeitig ihre eigene Integration vorantreiben. Und so wie jede andere Leistung, bringt auch diese Freiwilligenarbeit Wertschöpfung", sagt Haber.

Auch Ali Akbar, 21-jähriger Afghane aus dem Iran, will seine Integration vorantreiben. Ali dolmetscht seit Anfang September freiwillig auf dem Wiener Westbahnhof Arabisch und Farsi. Außerdem spricht er Englisch, Schwedisch und schon ziemlich gut Deutsch. "20 Prozent von meinem Deutsch habe ich auf dem Westbahnhof gelernt", sagt er.

Alle Inhalte anzeigen
Seit drei Jahren lebt der 21-Jährige mit seiner Familie in Wien. Derzeit holt er seinen Hauptschulabschluss nach. Montag bis Freitag, immer von 14 bis 18 Uhr, geht er zur Schule. Vor und nach dem Unterricht hilft er der Caritas am Westbahnhof. Er hilft in der Kleider- und in der Lebensmittelausgabe, dolmetscht, ruft für Asylwerber in Notfällen die Rettung.

Selbstverständlichkeit

"Ali ist unser Bursche für alles", sagt Stephan Waldner, Koordinator der Caritas-Hilfe auf dem Westbahnhof. Immer wieder wollen Asylwerber helfen, aber das Engagement von Ali sei besonders. Für Ali aber ist es eine Selbstverständlichkeit: "Die Österreicher haben mir so viel geholfen. Ich kann hier wohnen und zur Schule gehen. Ich will etwas zurückgeben."