Felix Baumgartner: Ohrfeigen angemessene Erziehungsmethode
Wieder Wirbel um eine Aussage von Felix Baumgartner. Der durch seinen Rekordsprung aus der Stratosphäre weltbekannt gewordene Extremsportler hält Ohrfeigen für ein angemessenes Erziehungsmittel. Er sei für die "gesunde Ohrfeige, wenn's sein muss", sagte der kinderlose 44-Jährige der Illustrierten Bunte laut Vorabmeldung vom Mittwoch. Dies sei bei seinem Vater nicht anders gewesen. Baumgartner wurde vergangenes Jahr rechtskräftig wegen Körperverletzung verurteilt, weil er in einem Streit schlichten wollte und dabei einen der Streithähne geschlagen hatte.
Baumgartner zeigte zugleich einen gewissen Pessimismus über den Zustand der Gesellschaft. Jugendlichen etwa fehle der Respekt vor Älteren. "Nicht mal für eine schwangere Frau stehen die im Bus auf." Zudem fehle der jungen Generation der Mut zum Risiko. "Keiner traut sich mehr, was zu sagen, geschweige denn zu riskieren." Die Menschen wachten in der Früh bereits mit einem schlechten Gewissen auf. "Ich vermisse den Mut und die Hartnäckigkeit, die zum Ziel führen."
Bildergalerie: Das Leben des Felix Baumgartner
Rund 600.000 Kinder wachsen mit alltäglichen Gewalterfahrungen (körperlich und psychisch) auf. 50 Prozent aller Eltern bekennen sich noch immer zur „g’sunden Watsch’n“. Das zeigen Daten der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Liga-Präsident Prim. Klaus Vavrik: „Auch wenn die Gewalthäufigkeit ganz langsam sinkt: Laut OECD-Bericht liegen wir europaweit an der Spitze.“
Wie hätte Kinderschutz-Pionier Hans Czermak, dessen Geburtstag sich heute, Donnerstag, zum 100. Mal jährt, diese Entwicklung kommentiert? Sein Enkel Georg Streit, ebenfalls in der Liga engagiert: „Er hätte sicher genau hinschauen wollen, warum das so ist. Das war immer sein Credo.“ Bis zu seinem Tod im Jahr 1989 kämpfte Kinderarzt Czermak für das „Recht jedes Kindes auf eine glückliche Kindheit.“
Stille Akzeptanz
Ebenfalls 1989 trat in Österreich – als einem der ersten Länder weltweit – das Gewaltverbotsgesetz gegen Kinder in Kraft. Tief verankert im Bewusstsein ist es bis heute nicht, beklagt Vavrik. „Nur 30 Prozent der Eltern wissen davon. Seit Czermak gibt es keine Fortschritte.“ Die vorliegenden Zahlen seien „Ausdruck für die stille Akzeptanz der Politik des Status Quo.“ Er fordert eine „gebündelte Vertretung. Die Agenden für Kinder sind zu sehr aufgesplittert.“
Ebenso ist mehr Bewusstseinsbildung nötig. „Die meisten wollen gute Eltern sein. Viele schaffen es aber nicht, weil sie überfordert sind. Man muss niederschwellig Hilfe und Information anbieten.“ International bewähre sich etwa das sogenannte „social parenting“ – also direkte Unterstützung durch gut ausgebildete Betreuer im direkten Umfeld. „Die Eltern sollen wissen, wo sie sich hinwenden können, wenn sie Probleme spüren.“ Der wichtigste Kinderschutz sei für ihn Prävention – „die Stärkung der Eltern.“
Die gesamte Gesellschaft sei gefordert, ergänzt Czermak-Enkel Streit. „Die Vorbildwirkung setzt sich fort. Geschlagene Kinder schlagen häufig selbst weiter – in der Schule oder später als Erwachsene.“ Eine gewalttätige Erziehung beschränkt sich längst nicht auf körperliche Züchtigung. Vavrik: „Auch Bedrohung durch fehlende Sicherheit erzeugen in einem kleinen Kind tiefe Angst und enormen Stress. Dieser Stress hinterlässt Spuren. Das Gehirn strukturiert sich aufgrund seiner gemachten Erfahrungen.“ Diese Narben können die Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigen. „Ein Jugendlicher, der mit 15 Jahren in keine sinnvolle Berufsausbildung findet, braucht im Lauf seines Lebens in etwa 2,2 Millionen Euro Unterstützung durch die Gesellschaft.“