EU-Kommissarin sorgt bei Brenner-Gipfel in Tirol für Eklat
Von Christian Willim
Es war die erste Dienstreise der neuen EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. Am Freitag standen für die Rumänin drei Treffen mit den Konfliktparteien im Streit um den massiven Lkw-Verkehr auf der Brennerstrecke durch Tirol auf dem Programm. „Sie will zeigen, dass dieses Problem für sie Top-Priorität hat“, hieß es im Vorfeld aus dem Stab von Valean.
Der in Tirol erhoffte Rückenwind für den Kampf gegen den Lkw-Transitverkehr blieb dabei jedoch aus. Vielmehr sorgte Valean bei ihrem ersten Stopp an diesem Tag in Innsbruck, dem Gespräche in Italien und Deutschland mit den jeweiligen Verkehrsministern folgten, für einen Eklat.
Denn das morgendliche Treffen der Kommissarin mit Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler und Tirols Landeshauptmann Günther Platter verlief alles andere als harmonisch.
Brüssel-Rüffel in Tirol
Für Journalisten deutete sich das bereits bei der anschließenden Pressekonferenz an, bei der Valean während der Statements von Platter und Gewessler meist mit verschränkten Armen dastand und danach erklärte: „Der Brennerkorridor gehört nicht nur den Bewohnern Tirols, er gehört auch den anderen Europäern.“
Auch wenn keine Fragen zugelassen waren, ließ die EU-Kommissarin wenig Zweifel daran aufkommen, dass sie keine Freundin der vielen Maßnahmen Tirols der vergangenen Jahre ist, mit denen das Land – bisher vergeblich – versucht, den Lkw-Transit einzubremsen.
„Unilaterale Lösungen können wir nicht unterstützen“, ließ Valean wissen. „Es kann nicht jeder seine eigenen Maßnahmen treffen“, lautete die offenkundig an Tirol adressierte Botschaft. Beim Besuch des Brenner Basistunnels ( BBT), der gerade gebaut wird, war die Stimmung entsprechend im Keller. Im Anschluss machte Platter seinem Ärger Luft.
„Es ist enttäuschend, wie dieses Gespräch abgelaufen ist. Denn es gab eigentlich nur eine Absicht der Kommissarin. Dass wir von unseren Notmaßnahmen Abstand nehmen bzw. diese aufweichen“, sagte Platter.
Druck von Frächtern
Konkret soll es um das eben erst verschärfte sektorale Fahrverbot gegangen sein. Dieses untersagt den Transport von bestimmten Massengütern mit schadstoffreichen Lkw durch Tirol. Diese Maßnahme ist eine von vielen, gegen die Transportunternehmer in Italien und Deutschland wettern.
Platter vermutet „massiven Druck“ vonseiten der „Transitlobby“ in diesen beiden Ländern auf die Kommissarin. „Die einzige Absicht war, dass Tirol einknickt. Das wird nicht der Fall sein. Wir werden null Millimeter nachgeben“, lautete das Fazit Platters zu dem Treffen. Gewessler gab sich diplomatisch und ortete zumindest „Verständnis für die Problemlage“ bei der EU-Kommission.
Die Problemlage ist aus Tiroler Sicht eindeutig. Mit 2,5 Millionen Lkw, die 2019 über den Brenner fuhren, wurde erneut ein Transitrekord im Schwerverkehr verzeichnet. Der wuchs allein in den vergangenen vier Jahren um 20 Prozent, erklärte Platter.
Und das, obwohl das Land in dieser Zeit Fahrverbote für Lkw verschärft und Zufahrten zu Billigdiesel-Tankstellen gesperrt hat oder Frachter an besonders verkehrsreichen Tagen von Deutschland nur noch blockweise nach Tirol einfahren lässt.
Bei der angepeilten Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene soll der BBT helfen. Der geht jedoch erst 2028 in Betrieb. Und sowohl Italien als auch Deutschland sind säumig beim Bau von Zulaufstrecken, die für das Funktionieren des Bahntunnels notwendig sind.