Chronik/Österreich

Grazer Dschihadisten-Prozess: Vertagung um 6 Monate

Der Prozess rund um den islamischen Prediger Mirsad O. und Mucharbek T. ist am Montagabend vertagt worden. Den meisten Anträgen der Verteidiger wurde stattgegeben, nun sollen weitere Zeugen gehört werden. Ein ergänzendes Gutachten sowie die Übersetzung der bosnischen Reden wird auch in Auftrag gegeben.

Abgelehnt wurde lediglich der Antrag, ein psychologisches Gutachten über jenen Belastungszeugen, der maskiert ausgesagt hatte, in Auftrag zu geben. Außerdem soll versucht werden, die Tatumstände näher zu klären. Die Fortsetzung soll frühestens in sechs Monaten stattfinden.

Start am Montag Vormittag

Der Prozess wurde zunächst mit der Befragung von zwei Zeugen am Montag im Grazer Straflandesgericht der fortgesetzt. Es handelte sich um die Brüder jenes Mannes, der in der Vorwoche wegen Falschaussage während der Verhandlung festgenommen worden war. Die beiden erklärten, sich nicht genau erinnern zu können, belasten wollten sie niemanden.

Am vorigen Mittwoch hatten bei einem Zeugen auf Antrag des Staatsanwaltes die Handschellen geklickt, weil er ganz andere Angaben machte als bei seiner polizeilichen Befragung. Sein Bruder schilderte, dass die Familie den dritten Bruder plötzlich vermisst habe und den Verdacht hegte, er sei in Syrien als Kämpfer für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS).

"Als Märtyrer ins Paradies"

In der Moschee hatten sie auch nach ihm gesucht, weil er begonnen hatte, oft dorthin zu gehen und sich einen Vollbart hatte wachsen lassen. Dort bekam die Familie aber nur zu hören: "Seid froh, dass er in Syrien kämpft, dann kann er als Märtyrer ins Paradies kommen."

Zeugen antworten ausweichend

Der dritte Bruder, der mittlerweile wieder zuhause und wegen seiner Aktivitäten bereits in Wien verurteilt wurde, gab an, er kenne Mirsad O. zwar aus der Moschee, habe aber nie gehört, dass dieser jemanden aufgefordert hätte, nach Syrien zu gehen: "Er hat über das Gebet, über das Fasten und dass man gut zu den Eltern sein soll gepredigt", schilderte er. "Auch über den Dschihad?", fragte der Richter. "Das kann ich mich nicht erinnern", kam die Antwort.

Der Zeuge erzählte auch von Ausflügen mit Mirsad O. und Mucharbek T., wo man gemeinsam schwimmen gegangen sei. Der Richter konfrontierte ihn mit einem dieser "Ausflüge", der sich als Schießübung auf der Donausinsel entpuppte. "Warum macht man so etwas?" "Weiß ich nicht". "Wer hatte die Idee?" "Weiß ich nicht", so die stereotype und unverfängliche Antwort.

Videos gezeigt

Am Vormittag wurden nach der Zeugenbefragung Videos und Audiodateien vorgespielt, die sich auf Predigten des angeklagten Mirsad O. bezogen haben. Ob es ein Urteil geben würde, war bis Mittag noch nicht klar, am Nachmittag sollten weitere Predigten gezeigt werden.

Der Verteidiger von Mucharbek T. konnte nicht ganz verstehen, was die langen Vorführungen des Materials bringen sollten: "Damit können Sie die Geschworenen nur ins Wachkoma versetzten oder aufhetzen", meinte er. Er schlug vor, lieber einen Sachverständigen für Linguistik die Reden analysieren zu lassen, brachte aber vorläufig keinen diesbezüglichen Antrag ein. Der Staatsanwalt benötigte keine weiteren Einspielungen: "Mirsad O. hat sich über die Medien als Vordenker etabliert, angeworben hat er unmittelbar", meinte er.