Eine schwarz-rote Langzeitehe
Von Christian Willim
Gerhard Reheis (SPÖ) würde gerne Landeshauptmann werden. Günther Platter möchte (VP) es gerne bleiben. Viereinhalb Jahre hat man zuletzt gemeinsam regiert und damit eine lange Tradition fortgeschrieben. Seit 1945 sitzen Volkspartei und Sozialdemokraten gemeinsam in der Tiroler Landesregierung. Freiwillig freilich erst seit 1999. Davor galt in Tirol das Proporzsystem.
Doch man blieb sich treu. Selbst als die VP 2003 die zwischenzeitlich verlorene absolute Mandatsmehrheit wieder zurückeroberte, holten die Schwarzen die Roten – und damit die zweitstärkste Kraft – wieder ins Regierungsboot. Angenehmer Nebeneffekt: eine schwache Opposition. Der SPÖ hat sich in all den Jahren das Image des VP-Ministranten erarbeitet. Reheis hört das naturgemäß nicht gerne: „In den letzten viereinhalb Jahren war eine starke sozialdemokratische Handschrift spürbar. Gerade in den Bereichen Soziales und Wohnen.“
„Winterschlaf“
Passend zur Jahreszeit möchte der SP-Chef gerne einen „politischen Frühling“ einleiten. Die VP befinde sich im „Winterschlaf“. Aber warum hat man dann nicht versucht den Koalitionspartner in jener Zeit aufzuwecken, als man gemeinsam unterwegs war? „Wenn sich jemand im politischen Herbst befindet, ist es schwer, ihn aufzuwecken“, bleibt der rote Landeshauptmann-Stellvertreter bei jahreszeitlichen Bildern.
Er selbst übernahm im Vorjahr von Hannes Geschwentner, der aus der Politik ausschied, die Partei. Der Landesregierung gehört Reheis seit 2008 als Soziallandesrat an. Es war das Jahr der großen Niederlage für Schwarz und Rot. Die beiden „Großparteien“ stürzten bei den damaligen Landtagswahlen jeweils um rund zehn Prozent ab. Die SPÖ landete auf dem dritten Platz. Die ÖVP verlor erneut die absolute Mandatsmehrheit und brauchte einen Partner. Die Langzeitehe wurde fortgesetzt.
Dass man auch nach den Wahlen am kommenden Sonntag aneinander festhält, ist nicht ausgeschlossen. Beide halten sich die Option offen, wenngleich sich der Landeshauptmann-Anspruch von Gerhard Reheis nur mit einer VP in Opposition vereinbaren ließe. Der droht erneut ein Minus. Die SPÖ scheint zumindest das Niveau halten zu können.
In den gegenseitigen Angriffen waren Platter und Reheis im Wahlkampf moderat. Der amtierende Landeshauptmann sprach von einer „Umfaller-SPÖ“, Reheis von einer Volkspartei, die das „Volk“ im Namen nicht mehr verdiene. Zu abgehoben seien die Schwarzen.
Porzellan wurde dadurch keines zerschlagen. Doch die SPÖ hat der VP eine Koalitionsbedingung gestellt, die das Zusammengehen schwierig macht. Wie fast alle anderen Parteien fordern die Roten, dass die Agrargemeinschafts-Frage mit einem Rückübertragungsgesetz gelöst wird. Günther Platter ist dagegen.
Er zeigte sich zuletzt im KURIER-Gespräch überzeugt davon, dass die Forderung – insbesondere von Seiten der SPÖ – dem Wahlkampf geschuldet ist und man nach dem 28. April wieder „eine vernünftige Diskussion führen kann“. Der Landeshauptmann hofft, die 16 der 36 Mandate halten zu können. Das wäre kein Erfolg, würde aber eine Koalition ohne die VP so gut wie unmöglich machen. Reheis möchte hinzugewinnen. Derzeit hält die SPÖ bei fünf Mandaten. Je nach Wahlausgang könnte sich für die VP eine neue Situation ergeben. Möglich wäre auch, dass sie einen dritten Partner für eine Koalition braucht oder gar in Opposition geschickt wird.