„Diese Erkrankung ist keine Grippe und kein Schnupfen“
Von Patrick Wammerl
Roland Winkler ist ärztlicher Direktor des PVA-Rehabilitationszentrums für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen im niederösterreichischen Hochegg. Die Hälfte des 230-Betten-Hauses ist bereits mit Coronapatienten belegt, die nur schwer in ihr altes Leben zurück finden. Viele sind von der Krankheit schwer gezeichnet.
KURIER: Herr Primar, Sie behandeln hier Menschen nach Lungen-Transplantationen oder schweren Herzerkrankungen. Wo ist der große Unterschied zu Corona?
Roland Winkler: Diese heimtückische Virus-Erkrankung greift nicht nur die Lunge an. Es ist eine generalisierte Entzündung. Es löst eine Entzündungsreaktion unter Beteiligung der Blutgefäße aus. Das führt dazu, dass theoretisch jedes Organ betroffen sein kann.
Wie äußert sich das?
Wir haben Patienten mit Herzrhythmusstörungen oder einer Gefäßbeteiligung mit der Entwicklung von Thrombosen oder Lungenembolien. Durch Veränderungen im Flüssigkeitshaushalt kann auch die Nierenfunktion eingeschränkt sein.
Wie kommt es zu dem viel zitierten Geschmacksverlust?
Das Virus befällt auch das Zentralnervensystem und wirkt sich auf den Stoffwechsel im Gehirn aus.
Viele Patienten leiden sogar monatelang unter den Folgen von Covid-19?
Wir nennen das Long-Covid, also sehr lange Krankheitsverläufe. Ganz typisch sind Angstzustände, Depressionen, Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen. Die Merkfähigkeit kann stark eingeschränkt sein.
Man hört, dass manche Leute gar nicht mehr in ein normales Leben zurückfinden.
Einige kämpfen mit dem sogenannten Fatigue-Syndrom. Man kennt das von Krebs- oder anderen Viruserkrankungen wie Ebola. Die Patienten sind über Monate nicht belastbar, erschöpft und bewältigen keinen normalen Tagesablauf mehr. Damit hat niemand gerechnet.
Wie lautet Ihre Botschaft?
Wir leiden alle unter dem Lockdown. Aber tragen wir die Schutzmaßnahmen noch so gut wie möglich mit, bis die Impfung greift. Diese Erkrankung ist keine Grippe und kein Schnupfen.