Die Stunde des dritten Mannes: Nepp führt die FPÖ in die Wahl
Vor einem Jahr wäre diese blaue Personalentscheidung undenkbar gewesen – nach dem Ibiza-Skandal und dem Aus der Polit-Karrieren von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus ist sie bloß eine logische Konsequenz.
Der Vizebürgermeister und designierte Parteichef Dominik Nepp wird die Wiener FPÖ als Spitzenkandidat in die Wien-Wahl 2020 führen.
Seit Jahren systematisch als Personalreserve aufgebaut, folgt der 37-Jährige jetzt viel früher als ursprünglich erwartet seinen beiden Mentoren an der Spitze der Landespartei nach.
Der Nachfolger
Der Döblinger war von 2009 bis 2012 Bundesobmann des Rings freiheitlicher Jugend. In dieser Funktion folgte er unmittelbar auf Gudenus.
Dieses Spiel sollte sich noch zwei Mal wiederholen: Nepp beerbte Gudenus auch 2015 als Klubobmann im Wiener Landtag und 2017 als FPÖ-Vizebürgermeister. Wie Strache und Gudenus ist auch Nepp schlagender Burschenschafter.
Nach dem Ibiza-Skandal musste sich Nepp plötzlich von seinen politischen Ziehvätern lossagen. Er zauderte und beschwor (vorerst) die private Freundschaft zu den beiden, die er nicht über Bord werfen wollte.
Spesenskandal
Strache gestand er ein Büro in den Räumlichkeiten der Wiener FPÖ zu – was ihm prompt neuen Ärger einbrachte, als dieser die Parteiräume für ein TV-Interview mit einem russischen Propaganda-Sender verwendete.
Nach dem Spesenskandal reichte es Nepp. Im Oktober folgte die Suspendierung von Straches Parteimitgliedschaft.
Inhaltlich vollzieht die Partei unter dem neuen Spitzenkandidaten keine Neuaufstellung: Rot-Grün habe die Wiener „verraten und verkauft“, polterte Nepp bei seiner Präsentation am Mittwoch.
Wie seine Vorgänger setzt auch er auf die klassischen Themen: Unkontrollierte Zuwanderung, mangelnde Integration, Sicherheitsprobleme.
„Sein Vorzug ist, dass er trotz seiner Jugend schon sehr viel politische Erfahrung gesammelt hat“, formuliert ein Funktionär.
Er ist überzeugt, dass sich mittlerweile auch die getreuesten Strache-Fans innerhalb der Partei hinter Nepp versammelt haben. „Alle 34 Gemeinderäte stehen hinter ihm, wie ein Mann“, betont der FPÖ-Funktionär.
„Keine Rampensau“
Ob Nepp im Wahlkampf eine derartige Zugkraft entwickeln kann wie sein Vorgänger Strache, ist fraglich. „Er ist nicht so eine Rampensau, doch das ist Bundesparteichef Norbert Hofer auch nicht“, sagt ein FPÖ-Mann.
Wie Hofer werde Nepp mit seiner freundlich-verbindlichen Art punkten, während Herbert Kickl und Harald Vilimsky in Wien für markige Töne zuständig sein werden.
Ein Manko ist Nepps bisher eher geringer Bekanntheitsgrad. Aktuell versucht er das durch eine Art Vizebürgermeister-Tour wettzumachen.
Bei der SPÖ hält sich der Respekt vor dem neuen Gegner in Grenzen. Viel mehr als vor den FPÖ fürchtet man sich vor einer Mehrheit von ÖVP, Grünen und Neos, die den Roten das Bürgermeister-Amt entreißen könnte.
Ausgerechnet sein Ziehvater Strache könnte für Nepp vor der Wahl noch zum Problem werden. Und zwar gleich auf zweierlei Weise:
Zum einen, falls Strache wirklich mit einer eigenen Liste antritt und im blauen Wählerteich fischt.
Zum anderen, falls noch weitere Details zu Straches Spesenaffäre auftauchen. Bis heute ist die Rolle von Nepp, der im betroffenen Zeitpunkt Finanzreferent der FPÖ war, nicht restlos geklärt.