Der Advent lässt die Kassen klingeln
Man versteht ja nicht, was sie sagen, aber es dürfte so viel heißen wie: „Ein Wahnsinn, so schön.“
Eine Gruppe junger Frauen aus Taiwan steht am Residenzplatz – einem „Bling-Bling-Paradies“, wie sie beim Anblick des prächtig geschmückten Christkindlmarkts befinden. Auch die Koreanerin Young Ju Song (23) ist beeindruckt: „Diese Lichter, diese Idylle, so einen schönen Markt habe ich noch nie gesehen.“ Was sie an diesem Tag noch vorhat? „Durch die Straßen spazieren, die Stadt fühlen und Mozartkugeln kaufen.“ Dasselbe steht bei den Taiwanesinnen am Programm: Christkindlmarkt, Residenz, Festung, Schloss Mirabell. Eine von ihnen studiert Violine – ein Besuch im Mozarthaus inklusive ausgedehnter Fotosession vor der gelben Hausfassade darf da nicht fehlen. Über Mozart hätten sie in der Schule gelernt. „Er wird in Asien sehr verehrt. Wenn man erzählt, dass man in Salzburg war, beneiden einen die anderen zuhause“, erzählen sie. Am nächsten Tag geht es weiter nach Wien, dann nach Ungarn. „Wir haben jeden Tag volles Programm, wollen so viel sehen, wie möglich.“
Luxus-Tourismus
„Bei den asiatischen Touristen scheint es so, als erlebten sie die Stadt durch ihre Kamera. Sie konsumieren Eindrücke im Schnelldurchlauf und erfreuen sich dann daheim an den Bildern“, sagt Birgit Weszelka vom Tourismusbüro. Russen seien da ganz anders: „Sie achten sehr auf Qualität, kaufen gerne auch Luxusartikel ein und nutzen das Angebot ausgiebig.“ Und sie sind die zahlungskräftigsten Touristen, sagt sie.
Bis zu 300 Euro gibt Alex Kataev, Chef der russischen Niederlassung einer Computerfirma, pro Tag für seine vierköpfige Familie in Salzburg aus. „Wir lassen es uns gut gehen“, sagt er. Jedes Jahr fährt er mit Gattin Julia und den beiden Töchtern Anna (9) und Maria (4) zu Weihnachten nach Europa. Zum orthodoxen Weihnachtsfest im Jänner sind sie wieder zuhause. „In Russland zelebriert man Weihnachten nur im Familienkreis. Das öffentliche Drumherum wie hier gibt es nicht. Deshalb holen wir uns hier den Rummel, daheim die Ruhe“, erklärt Julia. In Salzburg sind sie zum ersten Mal. Anna lernt Klavierspielen, Mozart ist ihr großes Vorbild. Zu Hause hat sie sogar eine Statue von ihm am Klavier stehen. „Es motiviert sie vielleicht zu sehen, wo Mozarts Wurzeln sind.“
The Sound of Music
Der Jänner sei mit 5435 Nächtigungen der mit Abstand stärkste „Russen-Monat“, erklärt Weszelka. Der Advent sei die zweite Hochsaison – derzeit seien die Stadthotels so gut wie ausgebucht. Gäste aus asiatischen Ländern und den USA besuchen die Stadt aber hauptsächlich im Sommer. „Wegen ,The Sound of Music’ – das zweitbeliebteste nach Mozart“, schmunzelt sie.
In Wien haben die Touristiker Grund zum Jubeln: Mit 967.000 Gästenächtigungen im November wurde ein neuer Rekordwert erreicht. Das ist ein Plus von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einer der Hauptgründe für das Ergebnis ist der „Wiener Adventzauber“ – der heuer um drei neue Christkindlmärkte erweitert wurde (Stephansplatz, Naschmarkt und Wien Mitte). Und auch der traditionelle Silvesterpfad fällt ins Gewicht. Zum Jahreswechsel 2012/2013 besuchten rund 800.000 Menschen die Feiermeile in der City.
Der Aufwärtstrend hält bereits das ganze Jahr an: Von Jänner bis November wurden insgesamt 11,6 Millionen Nächtigungen gezählt (plus 3,4 Prozent). Dementsprechend geht man beim Wien-Tourismus von einem neuen Rekord-Jahr aus. Der Netto-Nächtigungsumsatz der Hotellerie (der erst von Jänner bis Oktober vorliegt) beläuft sich auf 499,2 Millionen Euro.
Deutsche auf Platz eins
Den größten Anteil an den Nächtigungen haben (einmal mehr) die Deutschen. Dahinter rangieren Österreicher, Russen, US-Amerikaner und Italiener auf den Plätzen zwei bis fünf.
Den größten Zuwachs gibt es bei den Gästen aus den Vereinigten Staaten. Das satte Plus von 22 Prozent bei den Nächtigungen im November führt Wien-Tourismus-Direktor Norbert Kettner auf neue Direktverbindungen der AUA in die USA zurück.
Eine fixe Größe sind die Touristen aus Italien. Eine der Gründe ist, dass es dort so gut wie keine Christkindlmarkt-Tradition gibt. Dass trotzdem ein sechsprozentiges Minus bei den italienischen Jahresnächtigungen (521.000 von Jänner bis November) registriert wurde, ist mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage erklärbar.
Im Schnitt bleiben Touristen 2,2 Tage in Wien, 50 Prozent kommen zumindest ein zweites Mal wieder. Im Jahresdurchschnitt werden pro Kopf und Nächtigung 265 Euro ausgegeben.
Wer über Weihnachten ein Hotel buchen will, hat nicht mehr allzu große Auswahl. Laut der Online-Plattform booking.com sind rund um den Heiligen Abend bereits 42 Prozent aller Zimmer (quer durch alle Preiskategorien) ausgebucht.
Derzeit wirbt der Wien-Tourismus in 23 Ländern, kommendes Jahr soll Südkorea neu dazukommen.