Chronik/Österreich

"Das halten die Einheimischen nicht aus": Hallstatt beschränkt Busverkehr

Hallstatt startet am 1. Mai mit der Beschränkung des Busverkehrs und damit des Massentourismus. Täglich sollen maximal 54 Busse in den Ort kommen - derzeit sind es an manchen Tagen 80 und mehr. Von 17.00 bis 8.00 Uhr können die dicken Brummer weder hinein- noch hinausfahren. Bei Verstößen drohen Strafen. Gefördert wird das Projekt mit EU-Mitteln.

Rund eine Million Tagesgäste, darunter viele aus Südostasien, frequentiert pro Jahr die malerische Welterbe-Gemeinde im oberösterreichischen Salzkammergut. An manchen Tagen drängen sich 10.000 Besucher durch die engen Gassen, was zulasten der Privatsphäre der rund 770 Einheimischen geht. Die Zahl der Pkw, die den Ort frequentieren, ist von 2014 bis 2018 von 105.000 auf 194.613 gestiegen, jene der Reisebusse kletterte im selben Zeitraum von 7.917 auf 19.344, heuer waren es laut Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ) bereits über 20.000.

Damit soll nun Schluss ein. Künftig dürfen pro Tag nur mehr maximal 54 Busse in den Ort. Die Mindestaufenthaltsdauer beträgt zwei Stunden und 20 Minuten. Bleibt ein Bus länger, können weniger nachkommen, erklärte Scheutz der APA das geplante System, das von einer Salzburger Firma stammt. Reiseunternehmer haben im Vorhinein online ihren jeweiligen Slot zu buchen, Kostenpunkt 80 Euro. Der Fahrer müsse seine Gäste am Terminal aussteigen lassen, dann auf einen Busparkplatz fahren und könne seine Passagiere danach wieder am Terminal abholen.

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200 Euro Strafe

Hallstatt investiert in das Projekt - inklusive einer Besucher-App - 108.000 Euro, 40 Prozent davon werden über das Leader-Projekt der EU kofinanziert. Im März und im April ist eine Testphase geplant, am 1. Mai soll es dann - etwas später als ursprünglich geplant - richtig losgehen. Scheutz hofft auf Hilfe aus der Exekutive, sprich auf rege Straftätigkeit. Wer ohne einen Slot gelöst zu haben in den Ort fährt, zahlt 200 Euro, eine Lex Hallstatt. Weil nur eine Straße betroffen sei, sei die Einhaltung wohl leichter zu überwachen als etwa in Salzburg, wo es auch Beschränkungen gibt, hofft er.

"Der Sinn ist, dass sie gar nicht kommen"

Um wie viel sich die Zahl der Bustouristen reduzieren wird, ist offen. Im Vorfeld war von einem Drittel die Rede. Jedenfalls müsste sich mit dem System das Besucheraufkommen gleichmäßiger verteilen. Denn derzeit kommen an manchen Tagen auch 80 Busse oder mehr. Dass jene Bus-Touristen, die dann wegfallen, auf alternativen Wegen in den Ort kommen, ist bei den Hallstättern nicht erwünscht: "Der Sinn ist, dass sie gar nicht kommen", so Scheutz, wissend, dass das ungastlich klingt, aber das Problem sei eben nicht nur das Verkehrsaufkommen, sondern auch die Masse der Leute. "Das halten die Einheimischen nicht aus."

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In Hallstatt etwa kamen 2018 auf einen Einheimischen gut 124 Urlauber - Tagestouristen sind in dieser Zahl noch nicht enthalten. Damit war dort die Belastung pro Einwohner fast dreimal so stark wie in Dubrovnik (45,4) oder mehr als sechsmal so stark wie in Venedig (19,3), wie aus einer Aufstellung zur Tourismusintensität in europäischen Städten des Wifo hervorgeht. Das Problem potenziert sich in Hallstatt noch dadurch, dass viele Besucher nur einen kurzen Zwischenstopp für ein paar Fotos einlegen, also nicht einmal Geld für ein Mittagessen im Ort lassen.

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Den Salzburgern ging es im abgelaufenen Jahr mit 11,9 Touristen pro Einwohner ähnlich wie der Bevölkerung in Florenz (13,9), Lissabon (10,7) oder Amsterdam (10,0). In Wien kamen vier Urlauber auf einen Einwohner. Innerhalb von größeren Städten gibt es vielfach überlaufene Hotspots - in Wien beispielsweise die Innenstadt (speziell den Stephansplatz) und Schönbrunn. In Barcelona und in Paris war die Tourismusintensität 2018 mit 8,1 bzw. 7,5 Urlaubern pro Einwohner aber fast doppelt so stark wie in der österreichischen Bundeshauptstadt.

Die Einheimischen haben mit dem Verkehr zu kämpfen, mit dem Müll, den die Besucher hinterlassen, und - in kleineren Gemeinden - mit den Urlaubern, die ihnen beim Fenster reinschauen. Doch auch die Touristen selbst mögen keine überlaufenen Urlaubsorte. "Es ist im Prinzip eine sehr subjektive Definition - sobald Betroffene sagen, es ist zu viel und sobald es als unangenehm empfunden wird, liegt Übertourismus vor", so Tourismusexperte Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).

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Schuld an dem Phänomen ist die rasche Zunahme der Reisenden weltweit. Auslöser dafür sind wiederum Einkommenszuwächse in vielen Regionen der Welt, welche die Nachfrage nach Reisen überproportional steigen lassen, aber auch der Rückgang der Reisekosten. Dank Billigfluglinien und billiger Unterkünfte, begünstigt durch private Vermietung auf Online-Plattformen wie Airbnb & Co, sind Urlaubsreisen für breite Schichten der Bevölkerung leistbar. Was ja auch gut ist. Kreuzfahrten sind ebenfalls längst keine Luxusreisen mehr.

In den vergangenen Jahrzehnten erlebte die Tourismusbranche jedenfalls einen rasanten Aufschwung. Dieser soll sich aktuellen Prognosen der Welttourismusorganisation UNWTO zufolge in den nächsten Jahren fortsetzen. 1950 waren pro Jahr weltweit rund 25 Millionen Urlauberankünfte verbucht worden, 2018 waren es bereits 1,4 Milliarden und 2030 sollen es 1,8 Milliarden sein. Rund die Hälfte dieser Gästezahl entfalle auf Europa.