Chronik/Österreich

Das Glück liegt im Regal

Christine De Gennaro schlendert amüsiert durch die Regalreihen. Kurz hat es ihr eine rote Sonnenbrille angetan, die sie sich auf die Nase setzt. "Das Angebot ist kunterbunt. Es gibt hier Sachen, die man in einem normalen Geschäft nicht findet."

Das "inn’s Fachl" ist wahrlich ein Sammelsurium. Es sind rund 150 Anbieter, die hier ihre großteils gebrauchten Waren loswerden wollen. Für fünf bis 18 Euro pro Monat, kann hier jeder zum Geschäftsmann werden, der es möchte. So viel kostet die Miete für ein Regalfach. Die Preise variieren nach Größe und Lage. Am teuersten ist es, seine Artikel auf Augenhöhe zu platzieren.

Vor einem Jahr hat Markus Fehringer den Mietregal-Laden in Innsbruck aufgesperrt. Es war der erste Tirols. Inzwischen gibt es einige Nachahmer. Österreichweit hat der 35-Jährige allerdings im Internet bislang keine vergleichbaren Anbieter ausfindig machen können. Dabei ist das Konzept nicht neu. In Deutschland feiert es seit Jahren Erfolge.

Wegwerfgesellschaft

Dass Fehringer 2013 ins kalte Wasser sprang, hat mehrere Gründe. "Es war die Idee, der Wegwerfgesellschaft zu trotzen. Es kann nicht sein, dass so viele Sachen am Müll landen, die sich andere vielleicht gar nicht leisten können." Der zweite Auslöser, Aussortiertem eine zweite Chance zu geben, war die berufliche Situation des Innsbruckers. "In meiner Firma wurden Leute abgebaut. Das war eine gute Gelegenheit, selber etwas zu machen." Das Konzept von Markus Fehringer scheint jedenfalls zu greifen. Inzwischen hat der Innsbrucker Jungunternehmer schon einen Franchisenehmer in Schwaz.

Fehringer betreibt das Geschäft gemeinsam mit seiner Mutter Mary. Sie hat 30 Jahre Flohmarkt-Erfahrung und jetzt doch noch etwas dazugelernt. "Es gibt nichts, das man nicht verkaufen kann." Die 55-Jährige staunt, was ihre Kunden teilweise in ihren Mietregalen platzieren. "Das letzte Mal ist jemand am Vormittag gekommen und hat eine verrostete Werkzeugkiste angeschleppt. Am Nachmittag war sie verkauft. Für 35 Euro", erzählt Fehringer lachend. Provisionen erhalten die "inn’s Fachl"-Chefs keine. Sie wickeln den Verkauf ab, das Geld bekommen die Regalmieter.

Ausprobieren

Die preisen auch Neuware an – in einer eigenen Ecke des Ladens. "Hier bietet sich die Chance, dass Leute ihre Geschäftsidee ausprobieren können. Gleich einen ganzen Laden aufzumachen, ist vielen zu riskant", erklärt Markus Fehringer. Da ist das Fach einer Innsbruckerin, die ein spezielles Öl verkauft, das sie bislang nur in einem Webshop angeboten hat. Eine andere versucht es mit handgenähten Taschen – etwa für Schnuller oder Taschentücher.

Nicht jeder, der sich ein Regal mietet, will damit auch ein Geschäft machen, erklärt Mary Fehringer. "Es gibt viele, die nicht auf einen Flohmarkt gehen wollen, die aber einfach sagen: Ich will nichts mehr wegschmeißen."