Das 365-Euro-Ticket kostet die Länder 500 Millionen
Maria Vassilakous Forderung nach einer Citymaut für Wien war der Aufreger der vergangenen Wochen. Am Montag ging die grüne Wiener Vizebürgermeistern schließlich von ihrer umstrittenen Forderung ab – allerdings unter einer Bedingung. „Wenn wir jetzt die 365-Euro-Jahreskarte für die Ostregion einführen, brauchen wir keine Citymaut“, sagte sie.
Wie berichtet, hatten Wiens neuer Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ), Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und Niederösterreichs SPÖ-Chef, Landesrat Franz Schnabl am Sonntag gemeinsame Anstrengungen für die Einführung eines derartigen Tickets und den Ausbau der Öffis in der Region versprochen. Vassilakou bezeichnete diesen Vorschlag als „ausgezeichnet“. Sollte er ernst gemeint sein, müssten die Verantwortlichen bis Jahresende die Rahmenbedingungen klären, sodass das Ticket ab Juni kommenden Jahres angeboten werden kann.
Als Zugeständnis an die SPÖ wollte Vassilakou ihre Äußerungen aber nicht sehen. Ihr sei es wichtig gewesen, mit ihrer Forderung eine Diskussion anzustoßen, erklärte sie. Und: Sollte es sich bei dem roten Länder-Vorstoß nur um eine „Nebelgranate“ handeln, führe nichts an einer Citymaut vorbei. „Ich werde sicher nicht still sein,“ sagte sie.
Welche Kosten kommen auf die Länder zu?
Es scheint aber, als ob Rot und Grün die Rechnung ohne den Wirt gemacht hätten. Denn aus dem Büro des nö. Verkehrslandesrats Ludwig Schleritzko (ÖVP) kommt eine klare Absage in Richtung 365-Euro-Jahreskarte: „Ich wüsste nicht, woher wir die finanziellen Mittel nehmen sollten.“
Um welche Summen es geht, hat der Verkehrsverbund Ost Region (VOR) berechnet: „Insgesamt müssten die Länder rund 500 Millionen Euro in die Hand nehmen, um das 365-Euro-Jahresticket zu finanzieren.“
Die drei Bundesländer würde das mögliche Öffi-Ticket finanziell unterschiedlich treffen. Niederösterreich und Burgenland vor allem in Sachen Jahreseinbußen. Hier wären jährlich rund 80 Millionen Euro vakant. Die Summe ergibt sich aus den Monats- und Jahreskarten, die wegfallen würden. Als Beispiel: Im Moment kostet die Jahreskarte von Gmünd nach Wien 2166 Euro (siehe Grafik). Die Preise im Verkehrsverbund steigen jedoch bereits am 1. Juli um etwas weniger als vier Prozent.
Dieses Geld würde Wien deshalb nicht fehlen, weil es dort das 365-Euro-Jahresticket für die Kernzone bereits gibt. Sehr wohl müsste die Bundeshauptstadt aber für die zusätzlich benötigte Infrastruktur in die Tasche greifen. Etwa 420 Millionen der veranschlagten 500 Millionen Euro entfallen auf diesen Posten für die gesamte Region.
Wofür wird die Summe verwendet?
Der Dreh- und Angelpunkt der ist Wien. „Was wir sehen ist, dass weitere Verbesserungen des öffentlichen Verkehrs bald nicht mehr möglich sind, weil das Wiener Schienennetz an seine Grenzen stößt“, erklärt der nö. Landesrat Schleritzko. VOR-Sprecher Georg Huemer konkretisiert: „Da geht es um zweigleisigen Ausbau, Kreuzungsbahnhöfe und natürlich das Sicherheitsleitsystem, welches auch noch nicht in der Form besteht. Das betrifft Wien, aber eben auch Niederösterreich und das Burgenland.“
Entkoppelt von den 420 Millionen ist die Forderung nach einer neuen S-Bahn-Stammstrecke von Norden nach Süden, die die Wiener Schnellbahnen entlasten soll. Gespräche und Pläne gibt es bereits. Beschlüsse stehen aber weiterhin aus. „Wir sprechen da von einer Planungs- und Bauzeit von rund 20 Jahren. Wenn wir also etwas langfristig verbessern wollen, dann muss es jetzt passieren“, heißt es aus dem Büro Schleritzko.
Auch Huemer ist überzeugt, dass man investieren muss: „An manchen Strecken wie auf der Südbahn, sind wir bereits an der Grenze der Kapazität. Es ist dennoch jammern auf hohem Niveau. Denn insgesamt ist das VOR-Konzept sehr erfolgreich.“
Wie sehen NÖ und Burgenland die Einführung?
Bei einer Podiumsdiskussion zwischen Wiens Bürgermeister Michael Ludwig , Burgenland-Landesrat Hans Peter Doskozil und der nö. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, erteilt Letztere dem Vorschlag eines 365-Euro-Tickets eine Absage: „Wien ist mit Niederösterreich nicht zu vergleichen. Wir sind ein großes Flächenland, die Wege sind für alle Pendler unterschiedlich lang und wir haben keine Einnahmen aus einer Parkraumbewirtschaftung.“ Wichtig ist für Mikl-Leitner „Tempo, Tempo, Tempo“ wenn es um neue Konzepte geht: „Wir brauchen für jede Pipifax-Umfahrung zehn Jahre, es müssen schneller Lösungen her.“ Hans-Peter Doskozil geht mit der nö. Landeshauptfrau d’accord. Ihm ist vor allem eine umfassende, überregionale Planung wichtig.