Armutszeugnis für Rettungsgasse
Die Evaluierung der Rettungsgasse wurde zum „Debakel“ (O-Ton von FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek). Das Kuratorium für Verkehrssicherheit musste zugeben, dass es eigentlich keinen genauen Vergleich zwischen der alten Pannenstreifenlösung und der Rettungsgasse ziehen kann. „Es gibt keine Vorheruntersuchung. Wir wurden erst beauftragt, als die Rettungsgasse bereits eingeführt worden ist“, erklärte KFV-Chef Othmar Thann gegenüber dem KURIER.
Zwar wurde die millionenschwere Werbekampagne für die Rettungsgasse ein Jahr vor deren Einführung ausgeschrieben, eine Untersuchung über die Wirksamkeit dieser Maßnahme wurde aber offensichtlich vom Verkehrsministerium vergessen.
„Ernsthaft bereden“
„Das ist ein Armutszeugnis und ein Affront für jeden normal denkenden Menschen“, tobt die Grüne Gabriela Moser, „wozu zahlen wir 60.000 Euro, wenn die zentrale Frage gar nicht geklärt wird?“
Auch FPÖ-Sprecher Deimek ist verärgert: „Der Erkenntniswert ist matt, das müssen wir im Verkehrsausschuss ernsthaft bereden.“
Die Evaluierung brachte dennoch ein erstaunliches Ergebnis: Aus den bisherigen Erfahrungen kann man leider nicht feststellen, dass es durch die Rettungsgasse zu einer wesentlichen Zeitersparnis bei der Anfahrt zur Einsatzstelle gekommen ist, steht zu lesen. Nach dem verspäteten Auftrag wurden alte Anfahrtszeiten von Rettungsorganisationen aus Wien und Niederösterreich mit aktuellen (inklusive Rettungsgasse) verglichen. Das war das einzige Material, das dazu verfügbar war. Dabei wurde der KURIER-Bericht vom Dienstag vollinhaltlich bestätigt. In diesem hatten mehrere Einsatzfahrer kritisiert, dass es durch die Rettungsgasse praktisch keine Verbesserung bei der Anfahrt gibt.
Der Großteil der Evaluierung baut vor allem auf 240 Fragebögen auf, die Fahrer vom Roten Kreuz, Arbeiter-Samariterbund und Feuerwehr nach Einsätzen angefertigt haben. Ein Sample, das bei Umfragen sonst sehr kritisch gesehen wird. In gerade einmal 41 Prozent aller Fälle war demnach die Rettungsgasse so gebildet, wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist. In knapp jeder sechsten kommen die Rettungskräfte aber immerhin gut oder sehr gut durch.
Besser in zehn Jahren
Gerry Foitik vom Roten Kreuz hat noch Hoffnung: „In den nächsten zehn, zwanzig Jahren wird sich die Lage verbessern.“ Die Asfinag und die offiziellen Vertreter der beteiligten Blaulichtorganisationen zogen trotzallem eine „positive Bilanz“. Es sei „gut und richtig gewesen, die Rettungsgasse einzuführen“. So sieht es auch Verkehrsministerin Doris Bures: „Die Evaluierung zeigt, die Rettungsgasse brachte aus Sicht der Einsatzorganisationen eine Verbesserung.“ Sie wünscht sich bessere Kontrollen.
Heftige Kritik kam am Dienstag vom Verkehrspsychologen Gregor Bartl auf Ö1: Die Bildung einer Rettungsgasse sei „aus psychologischer Sicht unnatürlich. Mit dem Geld hätte man mehr Menschenleben retten können, wenn man es woanders investiert hätte.“