Chronik/Österreich

Anträge zur Impfbefreiung: "Wir rechnen mit großem Andrang"

Politisch ist die Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen, gerade wieder einmal strittig. Doch der Gesetzbeschluss gilt und deshalb sind die Bundesländer in der Pflicht, die Ausnahmen von der Impfpflicht  zu organisieren, sprich: Sie müssen die Befreiungsatteste für jene austellen, die aus medizinischen Gründen derzeit nicht geimpft werden können.

Das Land Steiermark hat am Montag um 10 Uhr jenes Online-Formular freigeschaltet, mit dem die Anträge und die Attestausstellung abgewickelt werden. Es ist auf der bisher schon schon bekannten "Die Steiermark impft"-Seite abrufbar. Neben den persönlichen Daten müssen unter anderem auch Befunde und ein Ausweis hochgeladen werden, erläutert Projektleiter Helmut-Theobald Müller. "Und zwar für jeden Ausnahmegrund ein Befund."

Kein Rechtsmittel möglich

Viele Ausnahmen sieht der Gesetzgeber nicht vor, fünf nur, unter anderem Schwangerschaft, in dem Fall endet die Impfbefreiung vier Wochen nach dem Geburtstermin. Müller betont, dass die nötigen Befunde unbedingt bereits vor Antrag auf Befreiung vorhanden sein müssen, ebenso die Impfberatung durch einen niedergelassenen Arzt. "Das ist nicht Aufgabe der Epidemieärzte." Sie agieren in dem Fall wie Sachverständige, prüfen also eingebrachte Diagnosen, aber erstellen selbst keine neuen. Rechtsmittel gegen einen abgelehnten Antrag auf Impfbefreiung gibt es übrigens keines.

 Wie viele Steirer eine Befreiung haben wollen und wie lange die Erstellung eines Attestes dauern werde, lasse sich derzeit nicht sagen. "Das wäre Kaffeesud lesen", merkt Müller am Montag an. "Aber wir rechnen mit einem großen Andrang." Das zeigt sich nicht zuletzt an den jetzt schon eingelangten Ansuchen per eMail oder Brief:  Die zwölf steirischen Bezirkshauptmannschaften  - ausgenommen Graz - zusammen gerechnet, schätzt Müller deren  Anzahl auf 500 bis 1.000. Die Leiterin des Grazer Gesundheitamtes, Eva Winter, geht für die Landeshauptstadt  von weiteren 250 bis 500 bereits vorliegenden Anträgen aus.

Als bloße "Fleißaufgabe" angesichts der schwelenden politischen Debatte über die Impfpflicht sehen die Behördenvertreter ihre Vorbereitung nicht. "Ich gehe davon aus, dass sich die Menschen, die sich jetzt schon an die Bezirkshauptmannschaften gewandt haben, Gewissheit haben wollen", überlegt Müller.  "Und wie sich Omikron bis 15. März entwickelt wird, kann niemand vorhersagen." Ab da sollte - so der ursprüngliche Plan - das Gesetz auch exekutiert  werden, Nicht-Geimpfte ab Mitte März also angezeigt werden.

Kritik an fehlender bundesweiter Lösung

Auch in den übrigen Bundesländern sind am Montag die Plattformen zur Befreiung von der Corona-Impfpflicht gestartet. Aus diesem Anlass wurde erneut Kritik am Bund laut. Neben der Klage über unnötigen Verwaltungsaufwand stand dabei - wie schon in der Vorwoche - im Zentrum, dass es keine bundesweite Lösung für die Befreiungen gibt.

In Wien kann auf drei unterschiedlichen Wegen um eine Impfbefreiung angesucht werden: Entweder nutzt man das Online-Formular auf impfservice.wien, man schickt ein E-Mail an i-attest@ma15.wien.gv.at oder man wendet sich postalisch an die MA 15, also an das Gesundheitsamt. Möglich ist die Eintragung bereits, wie ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) der APA mitteilte. Knapp 50 Personen haben das am Vormittag auch schon getan.

"Unnötiger Verwaltungsaufwand"

Als problematisch erachtet man im Hacker-Büro die Tatsache, dass ab 15. März kontrolliert wird. Wer einen Antrag gestellt hat, aber noch keine Entscheidung zugestellt bekam, kann dies bei einer Kontrolle geltend machen. Wird ein Ausnahmegrund dann anerkannt, wird das Verfahren eingestellt. Das Behördenverfahren sei damit in diesen Fällen ein unnötiger Verwaltungsaufwand, wird beklagt. Nicht durchführbar ist aus Wiener Sicht auch das automatisierte Strafen - jedenfalls nicht, so lange die Stadt keine Eintragung in ELGA vornehmen kann. Das sei derzeit noch nicht möglich, hieß es.

Solange diese technischen Voraussetzungen seitens des Bundes nicht geschaffen sind, könne es kein automatisiertes Strafen geben, betont man im Hacker-Büro. Das Übertragen in das noch zu schaffende ELGA-System zu einem späteren Zeitpunkt stelle zudem einen doppelte Verwaltungsaufwand für die Länder dar. Denn es müssten alle Fälle noch einmal abgearbeitet werden, kritisiert man.

Selbe Kritik aus allen Ländern

Auch in Salzburg hätte man es als zielführender und praktikabler erachtet, wenn der Bund, der ja die Impfpflicht erlassen habe, die technischen Modalitäten zur Ausnahme geregelt und eine einheitliche Lösung geliefert hätte. "Wir haben mit Verwunderung festgestellt, dass jetzt die Bundesländer eigene Lösungen schnitzen müssen", sagte ein Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zur APA.

Im Land Salzburg gibt es einen eigenen Datenschutzbeauftragten, der im Vorfeld der Prozesse engstens eingebunden ist. Auf der Homepage des Landes ist ein Formular für die Beurteilung einer Ausnahme von der Impfpflicht ab sofort abrufbar. Personen, die in aktueller Behandlung in einem Krankenhaus sind, sollen die Möglichkeit einer Eintragung und Bestätigung einer allenfalls bestehenden Impfpflichtausnahme direkt im Krankenhaus erhalten. Alle anderen können eine Bestätigung einer Ausnahme von der Impfpflicht nach Diagnose durch ihren Arzt oder Ärztin (in der Regel durch Fachärzte) von einem Epidemiearzt oder einer Epidemieärztin ausgestellt und eingetragen bekommen.

In Tirol zogen die Verantwortlichen am frühen Montagnachmittag auf APA-Nachfrage eine positive erste Bilanz. Es sei zu keinen Problemen gekommen, am Vormittag seien bereits 75 Anträge eingereicht worden. In puncto Datenschutz verwies das Land auf das Impfpflichtgesetz, das die Rechtsgrundlage für das Online-Tool bilde und definiere, welche Daten wie verarbeitet werden und wer die Verantwortlichen sind. Hinweise zum Datenschutz würden beim Aufruf des Formulars angezeigt, wurde betont. Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) hatte vergangene Woche Kritik am Bund geäußert und auf die "zahlreichen Versuche vonseiten der Länder" eine bundesweit einheitlichen Lösung herbeizuführen verwiesen.

In Vorarlberg wurden bis zum späten Montagvormittag 32 Anträge auf der Einmeldeplattform zur Impfpflicht-Befreiung des Landes verzeichnet. "Bis dato läuft alles ohne Probleme", hieß es auf APA-Anfrage bei der Landespressestelle. Erneuert wurde die Kritik, dass es keine bundesweite Plattform gibt: "Das wäre sinnvoller gewesen."

Im Burgenland ist die angekündigte Plattform für Anträge zur Befreiung von der Impfpflicht am Montag online gegangen. Über die Webseite e-government.bgld.gv.at/impfbefreiung können Betroffene ihre Befunde und Atteste hochladen, die dann von Epidemieärzten geprüft werden. Das Ergebnis der Prüfung bekommt man per Mail, hieß es vom Koordinationsstab Coronavirus des Landes. Dieses System sei entwickelt worden, weil es keine bundesweite Lösung gebe. Für Burgenländer gebe es mit der Plattform nun eine zentrale Stelle zur Befreiung von der Impfpflicht.