Kühe jagten US-Schüler auf Tiroler Berggipfel
Von Christian Willim
Es war schon gegen 16 Uhr, als vier Lehrer am Sonntag in der Axamer Lizum nahe Innsbruck mit 40 Schülern in der Standseilbahn auf den „Hoadl“ fuhren und von dort über den Widdersberg wanderten. Unterwegs wurde die Gruppe aus den USA von Kühen attackiert. Es soll auch eine Person zu Boden gestoßen worden sein. Es gab aber keine Verletzten, hieß es am Montag. Die Flucht vor den Kühen endete auf dem Gipfel der Nockspitze (2.404 m) in hochalpinem Gelände.
„Sie waren nur für eine Sightseeingtour ausgerüstet“, erzählt Josef Gspan von der Bergrettung Axams, die kurz vor Mitternacht alarmiert wurde, nachdem die Lehrer einen Notruf abgesetzt hatten.
Die Erwachsenen hatten in der Dunkelheit die Orientierung verloren. Ungeachtet der Kuhattacke dürften die Lehrer nicht gewusst haben, auf was sie sich mit der ursprünglich geplanten Rundwanderung in der Lizum einlassen. „Um diese Uhrzeit mit so einer großen Gruppe ist das nicht empfehlenswert. Diese Tour macht man eigentlich in der Früh“, sagt Gspan. Die Bergretter mussten zunächst den genauen Standort der Amerikaner ausfindig machen und stiegen dann auf.
Bis 3.30 Uhr im EinsatzDie Einsatzkräfte brachten die unverletzten, aber leicht unterkühlten 44 Personen zur Birgitzalm. Vorn dort wurden sie mit Fahrzeugen ins Tal gefahren. Erst um 3.30 Uhr in der Nacht war der Einsatz beendet.
Tipps zum Umgang mit aggressiven Kühen haben Tobias Moretti die Landwirtschaftskammer Tirol:
Schlechte Tourenplanung
Was die Tourenplanung der Lehrer betrifft, erinnert der Fall an jenen im Vorarlberger Kleinwalsertal im heurigen Juni: Damals hatten acht Lehrer 99 Schüler auf eine gefährliche Gipfelgratwanderung geführt. Sie hatten sich auf eine falsche Bewertung der Tour in einem Onlineforum verlassen und diese noch dazu ebenfalls erst am Nachmittag gestartet. Ein Polizeihubschrauber musste letztlich 66 Personen per Taubergung ins Tal bringen.
Dass Wanderer in Österreichs Bergen von Kühen attackiert werden, kommt seit einigen Jahren aber immer wieder vor. Meist gehen die Angriffe von Mutterkuhherden aus. Verbringen Kühe den Sommer mit ihren Kälbern auf der Alm, entwickeln sie Herdenverhalten.
Gehen die Mutterkühe von einer Gefahr für ihre Jungen aus, können sie auf Angriff schalten. Das ist insbesondere der Fall, wenn ein Hund im Spiel ist, den die Wiederkäuer instinktiv als Wolf betrachten.
"Kein Streichelzoo"
Ob es sich bei den Kühen, die am Sonntag die Schülergruppe angegriffen haben, ebenfalls um Mutterkühe gehandelt hat, konnte die Polizei am Montag nicht beantworten. Auch ob die Tiere auf einer eingezäunten Weide waren und ob Warntafeln auf die mögliche Gefahr hingewiesen haben, war unklar.
Seit einigen Jahren versuchen Bauernvertreter Wanderer dafür zu sensibilisieren, „dass die Alm kein Streichelzoo ist“, wie immer wieder gebetsmühlenartig betont wird. Auch im heurigen Jahr gab es mehrere Zwischenfälle.
Mehrere AngriffeIm Mai ist etwa ein 76-Jähriger auf einem Spazierweg im Bereich einer Weide in St. Ulrich am Pillersee (Bezirk Kitzbühel) von einer Kuh attackiert und leicht an Kopf und Becken verletzt worden. Der Mann und seine Frau hatten einen Hund dabei.
Und in den Türnitzer Alpen in Niederösterreich wurde im Juli eine 53-jährige Wanderin von einer Mutterkuh nahezu überrannt und verletzt, weil sie unabsichtlich einem Kalb zu nahe gekommen war.