Alpenverein sieht Wegefreiheit auf Tirols Bergen in Gefahr
Von Christian Willim
Unberührte Tiefschneehänge, die ein Freerider ganz für sich hat und alpine Sommerpanoramen, in die sich nur ein paar Wanderer verirrt haben. Das ist der Stoff, aus dem die Tirol Werbung ihre Bildbotschaften schneidert. Doch um diese vermeintliche Freiheit in den Bergen wird seit einigen Wochen gerungen.
Zuletzt hatte Tirols Jägerschaft Schutzzonen für das Wild und Strafen bei Betreten dieser Räume eingefordert. Die Berge seien angesichts der wachsenden Ströme von Mountainbikern und Skitourengehern auf dem besten Weg zum "Freizeitpark", meint Landesjägermeister Anton Larcher. Unterstützung für seine Forderung kam ausgerechnet von der Seilbahnwirtschaft. Die bezeichnet sich als Lenker der Touristenmassen. Gleichzeitig versucht sie jedoch zunehmend Gebiete für Freerider zu erschließen.
Alpenverein (OeAV) und Naturfreunde sehen in der Forderung nach Tabuzonen den freien Zugang zur Bergnatur bedroht. "Nun stoßen auch Grundeigentümer nach und stellen die Wegefreiheit oberhalb der Waldgrenze in Frage", sagte OeAV-Präsident Andreas Ermacora am Montag in Innsbruck.
Alarmstufe Rot
Beim Alpenverein sei unlängst das Schreiben eines Rechtsanwalts eingetroffen, der im Auftrag einer Tiroler Agrargemeinschaft mit einer Klage droht. In einer Alpenvereinskarte veröffentlichte Skitouren im Sellraintal würden eine Störung des Wildbestandes bedingen und müssten aus den Karten entfernt werden. "Wenn das Schule macht, droht Alarmstufe Rot", glaubt Ermacora.
Der freie Zugang zum Wald ist über das Bundesforstgesetz garantiert. Ermarcora fordert vom Tiroler Gesetzgeber eine Regelung, die grundlegende Wegefreiheit auch im Ödland und somit für die Berge an sich festschreibt. Bis aus Wien und Niederösterreich hätten alle Bundesländer entsprechende Gesetze.
Agrarlandesrat Josef Geisler (ÖVP)hält das für überschießend: "Man kann nicht für jedes Problem immer gleich ein Gesetz erlassen. Das ist ein Einzelfall, der vor Ort geregelt werden muss. Ich würde allen raten, sich an einen Tisch zu setzen."
Hansjörg Witting von der betroffenen Agrargemeinschaft versteht die Aufregung nicht: "Wir waren immer dialogbereit und werden keinem verbieten, da raufzugehen. Letztes Jahr hat es aber beinahe ein Lawinenunglück gegeben." Die zwei Berge, um die es geht, seien im Winter außerdem wichtige Wildschutzzonen. Deshalb habe man die Streichung der Routen aus den OeAV-Karten bei der nächsten Auflage gefordert.