Chronik/Österreich

„Aktion scharf“ gegen Kupferdiebe

Der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Millionen und wird von Jahr zu Jahr mehr. Nach der angekündigten Aktion scharf gegen Kupferdiebe greifen die ÖBB im Kampf gegen die ausufernde Kriminalität jetzt zu schärferen Mitteln. Erstmals bedient sich die Bahn technischer Hilfsmittel, damit die Diebe leichter ausgeforscht und zur Rechenschaft gezogen werden können. Kupferkabeln wird mit Mikropunkten, die eine künstliche DNA sowie einen Code beinhalten, eine forensische Markierung verpasst. Der Code lässt sich auch Jahre später immer noch auslesen und genau einem Tatort zuordnen.

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Durch den stark steigenden Marktwert von Buntmetall steht der Diebstahl von Kupferkabeln und -leitungen hoch im Kurs. Eine Tonne des Materials wird derzeit am Weltmarkt mit etwa 7140 Dollar (5338 €) gehandelt.

Das spiegelt sich auch in der Statistik des Bundeskriminalamtes wieder (BK). Dort verzeichnet man einen enormen Anstieg an Buntmetalldiebstählen. Im ersten Halbjahr 2011 wurden 710 Fälle registriert, im Vergleichszeitraum 2012 waren es schon 737 und heuer lag die Zahl bereits bei 923.

Verspätungen

Alleine 2012 verzeichneten die ÖBB durch Kupferkabel-Diebe einen Schaden von 2,2 Millionen Euro. „Diese Summe beinhaltet die Kosten für Material und Arbeitszeit zur Wiederherstellung des sicheren Bahnbetriebs. Weitere Kosten entstehen den ÖBB durch Zugverspätungen und Schienenersatzverkehre, die eingerichtet werden müssen“, erklärt ÖBB-Sprecher Michael Braun. „Aus diesem Betrag wird schon klar, dass uns dieses Thema intensiv beschäftigt.“

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So sehr, dass sich die Bundesbahnen in Abstimmung mit dem Bundeskriminalamt ein Konzept gegen die Kriminalitätsform zurechtgelegt haben. Dabei greift man nun auf neue forensische Methoden zurück. Da Kupferdiebe meist die Erdungskabel von Signalen und Fahrleitungsmasten mitgehen lassen, wurde vor einigen Tagen damit begonnen, die neuralgischen Punkte mit Mikropunkten zu codieren. Dies soll im Zuge von Revisionsarbeiten flächendeckend an den wichtigsten Stellen umgesetzt werden. „Das System ist ganz einfach. Die Kabel werden mit einem unter UV-Licht sichtbarem Mittel und einem Mikropunkt markiert. Jede Markierung hat seine eigene forensische Unterschrift, die in der firmeneigenen Datenbank gespeichert ist“, erklärt Patrick Irsigler von der Wiener Neustädter Sicherheitsfirma „Uhl-Security“, die sich auf das System spezialisiert hat.

Die Kabel sind im Falle eines Auffindens durch den Code sofort zuordenbar. Dies erleichtert vor allem die Polizeiarbeit.

Ermittlungen

Alleine in Niederösterreich gab es heuer bereits 100 Angriffe von Kupferdieben gegen die ÖBB, bestätigt Chefinspektor Josef Grasel vom nö. Landeskriminalamt. „Die Täter kommen oft ziemlich glimpflich davon“, erklärt der Kriminalist und nennt ein Beispiel: Werden Täter mit ein paar Hundert Kilo gestohlenem Buntmetall erwischt, übersteigt die Schadenssumme kaum 2500 Euro. „Wegen der Wertgrenze ist das Bezirksgericht zuständig. Und das Delikt wird meistens mit einer Anzeige auf freiem Fuß geahndet“, so Inspektor Grasel.

Kupferkabeldiebe legen oftmals ganze Bahnstrecken lahm. Dabei kommt es nicht selten zu Verspätungen und einem Chaos für Tausende Pendler.

Im März 2012 hatten Diebe die Erdungskabel aus den Oberleitungsmasten der Schnellbahnstrecke S7 zwischen Fischamend und Wolfsthal (NÖ) gestohlen. Die Strecke war für Stunden gesperrt, ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet. Binnen eines Monats wurden auf dem Abschnitt 165 Erdungskabel gestohlen.

Im Mai 2012 wurden Kupferdiebe an der Franz-Josefs-Bahn bei Tulln (NÖ) auf frischer Tat ertappt. Sie hatten rund 100 Kilo Kabel auf Stücke zu einem Meter zusammengeschnitten um sie in den Kofferraum zu bekommen. Im heurigen Mai war der Betrieb auf der Südbahnstrecke im Bezirk St. Veit an der Glan in Kärnten zwei Wochen lang nur einspurig möglich. Unbekannte hatten bei 170 Fahrleitungsmasten auf einer Länge von fünf Kilometern die Kupferseile abgezwickt.

Kupferkabeldiebe richten mit ihren Taten nicht nur enormen finanziellen Schaden an, die Täter selbst riskieren dabei oft auch ihr Leben.

Im Visier der Kriminellen sind auf dem 5000 Kilometer langen Schienennetz meist Kabel von Signalen und Fahrleitungsmasten. In der Umgebung dieser Einrichtungen herrscht jedoch enorme Gefahr von Stromschlägen. „Die Stromspannung der ÖBB Schieneninfrastruktur beträgt bis zu 15.000 Volt. Der Aufenthalt im Nahbereich dieser Kabel kann auch ohne direkte Berührung tödlich enden“, erklärt ÖBB-Pressesprecher Michael Braun.

Oft schlagen die Diebe im Schutz der Dämmerung oder völligen Finsternis zu. Dabei werden in ungesicherten Bereichen die Gleisanlagen überquert. Herannahende Züge stellen ein großes Risiko dar. „Es werden die hohen Geschwindigkeiten der Bahn und der sehr lange Anhalteweg unterschätzt. Züge der ÖBB sind mit bis zu 230 km/h unterwegs, Kollisionen enden meist tödlich“, so Braun.