Chronik/Österreich

Ärztekammer-Chef warnt vor dem Siegeszug der Privat-Medizin

In den USA, der Schweiz und Deutschland ist es schon gang und gäbe, dass private, branchenfremde Investoren Spitäler oder Ärztezentren betreiben. So nennt zum Beispiel das Kaffee-Imperium eine europaweite Zahnarzt-Kette sein eigen. Vor so einer „Konzernisierung“ der Medizin warnt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. „Oft steht hier nicht mehr das Wohl der Patienten im Vordergrund, sondern nur Therapien, die maximalen Gewinn abwerfen.“ Tendenzen, die auch in Österreich einzuziehen drohen, sagt Szekeres. So habe zum Beispiel der Baukonzern Porr über eine Tochterfirma ein Ärztezentrum errichten und dort Ärzte anstellen wollen.

Private Versicherungen würden Verträge mit Ärzten abschließen und ihnen dann ihre Kunden zuweisen. Es bestehe die Gefahr, dass auf die Mediziner Druck ausgeübt werde. Der Kammerchef hat auch von der türkis-blauen Regierung den Eindruck, dass sie „mehr Verständnis für private Unternehmen hat“.

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Der Schweizer Mischkonzern Migros betreibe inzwischen an mehr als 40 Standorten ambulante Gesundheitszentren und Apotheken. Der europäische Marktführer im Bereich der Labormedizin Synlab hat auch schon neun Labors in Österreich übernommen. Mars als größter Süßwarenproduzent der Welt ist Weltmarktführer bei Tierkliniken und betreibt über AniCura auch schon an fünf Standorten in Österreich Tierkliniken. Und der Internetkonzern Amazon habe Interesse am US-Apothekenmarkt bekundet, erläutert Szekeres.

Warnungen, die Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer für völlig überzogen hält: „Das ist nichts weiter als populistische, antikapitalistische Kritik“, kontert er. Von einer „Konzernisierung“ der Medizin könne in Österreich keine Rede sein, „weil es hier so viele Regulierungen gibt, die dem einen Riegel vorschieben.“ Den Patienten nütze das nicht unbedingt: „Egal ob bei Spitälern oder Ordinationen: Wettbewerb ist ein international anerkanntes Steuerungselement, um die Qualität zu erhöhen.“