Chronik/Österreich

4.500 Euro Diversion für Tweet: Katze "Bobo" überführte Täter

Die Begrüßung vor dem Prozess am Straflandesgericht in Wien ist kurz, mit der Corona-Faust schlagen der angeklagte Steuerberater und der Journalist Florian Klenk ein: „Grüß Gott, Herr Doktor Klenk.“

Weniger freundlich ist es um Allerheiligen im Vorjahr zugegangen. Der Schauplatz war Twitter. Da hat der Angeklagte unter einem Nicknamen zu einer Diskussion zwischen Plagiatsjäger Weber und dem Falter-Chef Klenk einen folgenschweren Tweet abgesetzt: „Wir lassen ihn gerne leben, wenn er für ein paar Wochen die Pappn hält.“

Twitter beschreibt der Angeklagte – er ist 52, verheiratet und hat einen Sohn – wie Fußball, Kapfenberg gegen Simmering, in Erinnerung an den legendären Helmut Qualtinger. An die Qualität des großen Schauspielers und Kabarettisten reicht der Tweet des Unternehmers nicht heran. Als „sarkastischen Rat“, inspiriert vom Spruch „leben und leben lassen“,  als eine Art Satire, habe er seinen Tweet gemeint, nachdem ihm die Auseinandersetzung zwischen Weber und Klenk auf die Nerven gegangen sei. Das geht der Richterin ein wenig auf die Nerven: „Bei jedem Posting höre ich jetzt, das ist Satire. Ist jetzt jeder Österreicher Satiriker?“

Angeklagter entschuldigt sich für den "Sch...Tweet"

Der Steuerberater gibt sich geläutert: „Der Tweet war sch….“ Die Richterin fragt nach: „Nur dass wir uns richtig verstehen: Der Tweet war scheiße, meinen Sie?“ „Ja“, antwortet der Angeklagte. Er kann sich im Nachhinein betrachtet auch vorstellen, dass der Tweet jemandem Angst mache. Klenk selbst schildert als Zeuge, dass ihm der Account schon früher als sehr aggressiv aufgefallen sei. Warum er bei diesem Tweet so sensibel reagiert hat: „Meine Adresse wurde veröffentlicht, später auch ein Foto von meinem Gartentürl. Ich begann, mich bedroht zu fühlen.“ Nach Klenks Anzeige konnte die Polizei aufgrund verschiedener Hinweise aus dem Profil des Mannes diesen ausforschen. Unter anderem führte seine Katze „Bobo“ die Ermittler auf die richtige Spur.

"Social Media kein rechtsfreier Raum"

Wichtiger Aspekt für Klenk: „Ich wollte aufzeigen, dass Social Media kein rechtsfreier Raum ist.“ Das ist ihm gelungen. Die Richterin sieht nach den Aussagen Klenks und der Befragung des Angeklagten den Straftatbestand der Nötigung erfüllt.

Da dieser für den Tweet die Verantwortung übernommen, sich bei Klenk im Gericht öffentlich entschuldigt und einen untadeligen Lebenslauf aufweist, bietet die Richterin dem unbescholtenen Mann eine Diversion an. 4.500 Euro plus Verfahrenskosten, dafür keine Vorstrafe. Das nimmt er an. Die Prozedur sei Strafe genug gewesen, sagt er.

Und fragt nach: „Das Geld bekommt nicht der Klenk?“ „Nein", beruhigt die Richterin, „das geht an den Staat“. Die Staatsanwaltschaft hat keine Einwände, das Verfahren ist zu Ende. Und zum Abschied gibt es noch die Entschuldigung mit echtem Händedruck zwischen den beiden. Twittern will der Steuerberater übrigens nicht mehr: Er hat seinen Account stillgelegt.