Chronik/Oberösterreich

"Wir wollen mitregieren"

Reinhold Entholzer ist Landeshauptmannstellvertreter. In der Regierung ist er für den öffentlichen Verkehr und die SPÖ-Gemeinden zuständig. Der 55–jährige ist Vorsitzender der SPÖ Oberösterreich.

KURIER: Es sind noch fünfeinhalb Monate bis zur Landtagswahl am 27. September. Eine Umfrage des Mitbewerbers ÖVP zeigt 23 Prozent für Ihre Partei an, das ist zwei Prozent unter dem Ergebnis von 2009.

Reinhold Entholzer: Wir haben uns die Latte mit 25 Prozent plus X gelegt. Je größer das X ist, umso besser ist es für Oberösterreich. Dafür kämpfen wir. Die SPÖ ist in einer guten Situation. Wir haben uns konsolidiert. Die Funktionäre wissen, dass wir uns auf unsere Werte konzentrieren. Wir sind nun in der Phase, dass wir das nach außen tragen müssen. Das wird nicht einfach werden.

Was ergeben die von Ihnen in Auftrag gegebenen Umfragen?

Da liegen wir ähnlich.Ich wurde von unseren Funktionären mehrfach angsprochen. Sie sagen, sie sind schon ein bisschen nervös. Ich antworte ihnen, wir sind nicht nervös, wir haben ein bisschen Lampenfieber. Das ist ein großer Unterschied. Nervös ist man, wenn man unsicher und nicht aufgestellt ist. Wir sind aber gut aufgestellt. Unsere finanziellen Mittel sind beschränkt. Wir werden sie vernünftig einsetzen. Bei den Plakten werden wir die eine oder andere Überraschung bringen.

Wir müssen versuchen, unsere Leute zu den Wahlurnen zu bewegen. Ich habe nichts dagegen, wenn unsere Funktionäre fürchten, dass uns die Blauen auf die Pelle rücken. Das spornt uns an.

Was werden die Schwerpunkte des Wahlkampfes sein?

Der Hauptschwerpunkt ist die Arbeit mit all’ ihren Facetten. Es geht um die Arbeitsplätze, es geht um gute Arbeit mit einer guten Bezahlung. Wir Sozialdemokraten müssen mitregieren, um etwas bewegen zu können. Nur in der Opposition zu sein und zu sagen, ich würde das so und so machen, hilft niemandem. Unsere ideale Aufgabe ist das Mitgestalten.

Das ist ein Hauptziel für die Wahl?

Ja, das habe ich immer gesagt. Ich will mitregieren und mitentscheiden, damit wir uns in die richtige Richtung entwickeln. Je mehr Stimmen wir bekommen, umso stärker sind wir in der Regierung. Mit ist schon klar, dass wir nicht die stärkste Partei werden, aber wir können eine wichtige Rolle spielen.

Wo ist Ihr Wählerpotenzial?

Bei allen Arbeitnehmern. Bei all’ jenen, die sich benachteiligt fühlen. Es geht noch immer viel zu ungerecht zu. Gerechtigkeit ist uns ganz wichtig. Es geht um gleiche Chancen für alle.

Wo sehen Sie die Ungerechtigkeiten?

Ich muss einmal eine Lanze für die Bundespartei brechen, denn bei der Steuerreform ist die Handschrift der SPÖ deutlich zu sehen. Sie bringt die stärkste Entlastung seit 1945. Natürlich stimmt die Kritik der Linkslinken, dass wir keine Millionärssteuer zustande gebracht haben. Aber das Bankgeheimnis wurde gelockert. Das betrifft nicht die kleinen Leute, sondern jene, die zum oberen Viertel der Gesellschaft gehören. Insofern ist das eine Umverteilung. Das ist uns wichtig. Weiters wurde der Steuersatz für jene, die mehr als eine Million verdienen, auf 55 Prozent erhöht. Die Senkung des Steuereingangssatzes von 36,5 auf 25 Prozent ist schon enorm. Schon Bruno Kreisky hat gesagt, dass die Stärkung der Massenkaufkraft ganz wichtig ist. Damit stärken wir auf die Wirtschaft.Wir sind alles andere als wirtschaftsfeindlich.

Welche Bereiche werden Sie neben der Arbeit noch thematisieren?

Wohnen ist einer der Grundwerte. Bei manchen Familien geht bereits die Hälfte des Einkommens fürs Wohnen drauf. Das kann nicht sein. Als Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser die Bundesimmobiliengesellschaft verkauft hat, haben wir bereits darauf hingewiesen, dass es zu einer Verteuerung des Wohnens kommen wird. Genau das ist jetzt eingetreten. Im vergangenen Jahr hatten wir eine fünfprozentige Mieterhöhung.

Wir müssen den öffentlichen Wohnbau forcieren. Ich spreche bewusst vom öffentlichen und nicht vom sozialen Wohnbau, weil dieser Begriff einen negativen Beigeschmack hat. Haimbuchner (Wohnbaulandesrat und FPÖ-Obmann) stellt bereits in Frage, ob diese Wohnungen einen Balkon benötigen. Wir von der SPÖ wollen qualitätsvolle Wohnungen zu vernünftigen Preisen. Wenn die Menschen gut wohnen, werden sie besser arbeiten und mehr Leistung bringen.

Gesundheit ist ein zentrales Thema.

Es ist ein schwieriges Thema. Wir als Sozialdemokraten haben es uns nicht leicht gemacht. Wir haben der Spitalsreform zugestimmt, weil wir gesehen haben, dass die Kosten davonlaufen. Das muss sich alles in einem vernünftigen Rahmen bewegen. Der Landeshauptmann hat mit der 20-prozentigen Gehaltserhöhung für die Ärzte ausgelöst, dass die Pflegekräfte auch 20 Prozent mehr wollen. Es gibt Bundesländer wie Niederösterreich, wo die Pfleger 20 Prozent höhere Gehälter haben. Wir müssen für sie gute Arbeitsbedingungen schaffen.

Sie waren mit einer Gruppe von Verkehrsexperten und Journalisten drei Tage in der Schweiz, um den dort sehr gut ausgebauten öffentlichen Verkehr zu studieren. Welche Schlüsse ziehen Sie für Oberösterreich?

Wir wollen ein S-Bahn-System installieren. Das bedeutet einen Stundentakt und einen Halbstundentakt in den Stoßzeiten in der Früh und am späten Nachmittag. Das betrifft die Westbahnstrecken von St. Valentin und von Attnang Puchheim nach Linz. Weiters die Pyhrnbahn von Kirchdorf nach Linz, die Summerauer Bahn von Pregarten nach Linz, die Linzer Lokalbahn von Eferding nach Linz, die Donauuferbahn von Perg nach Linz und letztendlich die Mühlkreisbahn. Das Projekt soll im Dezember 2016 starten und Schritt für Schritt in den nächsten Jahren ausgebaut werden.

Wir wollen damit den ständig zunehmenden Strom an Einpendlern abfangen. Dass das möglich ist, zeigt uns das Beispiel unseres Nachbarn Schweiz.