Ufer sind zu 90 Prozent verbaut
Von Josef Ertl
Christian Scheichl ist Frühaufsteher. Berufsbedingt. Er ist einer der wenigen verbliebenen 15 Berufsfischer am Attersee. Um sechs Uhr früh sitzt der 37-Jährige schon in seinem Boot, einem sogenannten „Traunerl“, das zehn Meter lang ist und von einem 20-PS-Außenbordmotor angetrieben wird.
Er fährt hinaus auf den See, wo dieser vor Unterach mit 160 bis 170 Metern am tiefsten ist. Dort hat er seine 200 Meter langen Perlennetze ausgelegt. Wenn er Reinanken fängt, sind die Netze im Herbst in einer Tiefe von 15 bis 20 Metern gespannt. „Die Reinanken sind unser Brotfisch“, erzählt Scheichl, der einer Fischerfamilie entstammt. Er betreibt das Gewerbe bereits in der zehnten Generation.
Saibling
Er verkauft das Kilogramm Reinanken um 14 Euro. Mit 17,30 Euro ist der kleine Tiefseesaibling teurer. Er wird in einer Tiefe von 60 bis 120 Metern gefangen, wo das Wasser das ganze Jahr über vier Grad kalt ist. Während die Reinanken durchschnittlich vier, fünf Jahre alt werden, erreicht der Saibling sieben bis neun Lebensjahre. Er gilt als Spezialität, die Nachfrage ist hoch.
Pro Tag fängt Scheichl zwischen 30 und 40 Fische. Von Juni bis Oktober ist die Hauptsaison. In seinem Haus in der Jeritzastraße 90 am Ortsanfang von Unterach betreibt seine Frau Christina einen Direktverkauf. Ein Teil des Fangs wird im hauseigenen Ofen mit Buchenholz geräuchert. Die Fische sind zwei Stunden der Hitze von 80 Grad ausgesetzt. Reich wird ein Fischer nicht. Das Ehepaar vermietet auch Zimmer an Urlauber, was den Unterhalt sichern hilft. Welchen Wunsch hat Scheichl? „Die Uferzonen sollen natürlicher gestaltet werden, denn dort laichen die Fische. Wenn es mehr natürliche Ufer gäbe, gäbe es wieder mehr Fische.“
Zubetoniert
In dieser Forderung ist sich Scheichl einig mit Stefan Guttmann von der Naturschutzabteilung des Landes und dem Wasserökologen Michael Schauer. „Der Attersee fällt dadurch auf, das seine Ufer zu 90 Prozent mit Beton oder Holzstämmen hart verbaut sind.“ Das ist schlecht für die jungen Fische, die sich im natürlichen Uferbereich besser verstecken können. Das Nahrungsangebot von Plankton ist dort ebenfalls besser. „Dadurch dass es weniger Schilffläche gibt, gibt es auch weniger verschiedene Vogelarten“, erklärt Guttmann.
Dabei sind der Atter- und der Mondsee Europaschutzgebiet. Aber nach 1945 haben viele versucht, ihr persönliches Badeplatzerl am See zu ergattern, die natürlichen Ufer wurden zubetoniert. Das Gegenstück zum verbauten Attersee ist der Irrsee, dessen gesamte Ufer faktisch frei sind. Nun startet das Land Renaturierungsprojekte am Attersee, um natürliche Ufer zurückzugewinnen. Sie lädt dazu die privaten Grundbesitzer ebenso ein wie die öffentliche Hand.