Chronik/Oberösterreich

Sex und Saufgelage im Seniorenheim

Sexuelle Belästigung, Damenbesuche in leer stehenden Zimmern, ausschweifende Partys mit tschechischen Ex-Stripperinnen – und das während der Arbeitszeit. Das Bild, das einige Mitarbeiter eines Altenheims im Bezirk Linz-Land von ihrem Heimleiter zeichnen, wirkt wie aus einem schlechten Hollywood-Streifen. Der Beschuldigte selbst ist fassungslos. „Mein Ruf ist ruiniert“, klagt der 52-Jährige und bestreitet alle Vorwürfe.

Der Fall wurde der zuständigen Behörde durch einen anonymen Brief Ende Jänner bekannt. Seither seien 22 Mitarbeiter befragt worden, sagt Bezirkshauptmann Manfred Hageneder: „Wir prüfen alles haarklein. Es steht Aussage gegen Aussage.“ Nächste Woche soll der Staatsanwaltschaft ein Bericht vorgelegt werden. Dann wird geprüft, ob ein strafbarer Tatbestand vorliegt oder ob es bei Disziplinarmaßnahmen bleibt. Für die Dauer der Ermittlungen wurde der Beschuldigte in ein anderes Heim versetzt. Eine akute Gefahr und damit ein Grund, ihn vom Dienst freizustellen, sei laut Hegeneder nicht gegeben.

„Egal, was an der Sache dran ist“, betont er, „die Pflege hat in keinster Weise darunter gelitten.“ Das sollen auch jene Mitarbeiter bestätigen, die in die fragwürdigen Vorfälle nicht verwickelt waren.

Spontan-Partys

Schwer wiegt der Vorwurf der sexuellen Belästigung, den eine Pflegerin erhebt. Die alleinerziehende Mutter möchte sich im KURIER nicht äußern, da sie Repressalien fürchtet. An ihrer Stelle spricht ein anderer Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte. „Von dreckigen Sprüchen bis hin zu Grabschereien war alles dabei.“

Er habe viel zu lange zugeschaut, sagt er zum Beispiel über die feuchtfröhlichen Spontan-Partys im Haustechnikerraum – großzügig von der Heimleitung gesponsert. „Bier und Whisky gab es kistenweise.“ Dazu eine Anekdote: Eine tschechische Putzfrau, die mittlerweile ausgeschieden ist, soll bei einigen Partys gestrippt und ihr Intimpiercing in Szene gesetzt haben – unter dem Gejohle der Belegschaft, die dafür oft stundenlange Pausen vom Dienst eingelegt haben soll.

So amüsant das klinge, so habe der Führungsstil des Heimleiters mitunter beängstigende Züge angenommen. „Er hat sich aufgeführt, als wäre er Gott oder Don Juan. ,Seine Hasen‘, wie er den engsten Kreis seiner Vertrauten nannte, konnten sich alles erlauben. Wer ihn kritisiert hat, den hat er wissen lassen: ,Ich kann jeden zerlegen‘. Er hat immer betont, wie einflussreich er ist.“

Repressalien

Aus Angst vor dem Chef oder davor, selbst unter Beschuss zu geraten, würden viele Betroffene den Mund halten, behauptet der Pfleger: „Die Wahrheit muss endlich raus – auch, wenn ich mich dabei selbst belaste.“ Im schlimmsten Fall, so sagt er, würden die Ermittlungen im Sand verlaufen und der Heimleiter könnte seine Position wieder einnehmen. „Dann wären wir alle unseren Job los.“

Erfolglos seien bisher Hilferufe in Richtung des Zentralbetriebsrats und der politischen Verantwortungsträger des Landes geblieben. Am Bezirkshauptmann, der von Anfang an Diskretion und lückenlose Aufklärung versprochen hatte, seien Zweifel aufgekommen, deutet der anonyme Pfleger an: „Die Fragestellung der Behörde hat sich in eine Richtung gedreht, die uns als Mittäter hinstellt. Mir ist klar, dass ich auch Fehler gemacht habe, aber ich befürchte, dass sich da jemand abputzen will.“

Der Heimleiter überlegt derweil rechtliche Schritte: „Das lasse ich nicht auf mir sitzen und werde wegen Rufschädigung klagen.“