„Seriosität muss etwas wert sein“
In Sulzbach, einem Vorort von Bad Ischl, schmiegt sich ein Glasbau mit dunkler Holzverkleidung in die winterliche Landschaft. Der Firmensitz des ÖKM, Österreichs Kontaktmagazin, ist menschenleer. Nur eine grauhaarige Dame mit rosa Rollkragenpullover hält zwischen grellen DVD-Covers und allerhand pikanten Utensilien die Stellung. Und dann ist da noch Thomas Janisch, Herr des „Lustschlosses“ mitten im Ischler Idyll. Der 48-Jährige ist verheiratet, hat zwei Söhne, studiert Jus und schaut gerne Zeitgeschichte-Dokus im Fernsehen.
Nur: Dass 2007 Youporn aufgetaucht ist, war ein Schlag in die Magengrube. Die Plattform für kostenlose pornografische Inhalte habe die Branche zerstört. Persona non grata ist Fabian T., Geschäftsführer der Firma Manwin, die noch diverse andere Seiten betreut. Wegen Verdachts der Steuerhinterziehung war der Deutsche festgenommen worden. Im Dezember kam er gegen eine Kautionszahlung im zweistelligen Millionenbereich wieder frei. „Dahinter stehen Investoren, die Unsummen hineinpumpen. Mit Marktehrlichkeit oder Seriosität hat so etwas nichts zu tun“, ärgert sich Janisch.
Bezahlangebote
In zehn Jahren Amtszeit musste er von 20 Angestellten auf fünf reduzieren. „Wir haben fast nur noch freie Mitarbeiter“, erklärt er bei einer Führung durch das Haus. An den Prunk vergangener Tage erinnert eine geschwungene, rote Ledercouch auf der Chefetage des Gebäudes, das nicht umsonst von der Luft aus aussieht wie das weibliche Geschlechtsorgan. „Die Architektin hat sich das als Gag einfallen lassen“, sagt der 48-Jährige und setzt sich an einen Konferenztisch von ähnlichem Oval. Vor ihm liegen stapelweise Bögen mit Bildmaterial für das ÖKM und zehn weitere Titel aus dem Verlagshaus. Das Hauptblatt hat eine Auflage von etwa 20.000 Stück.
Jugendschutz
Fotos und Filme werden extern zugeliefert, selbst zu produzieren rentiere sich nicht mehr. Nur der Versandhandel gehe noch gut, sagt er. „Das Problem ist: Früher hat sich einer pro Monat drei Videos besorgt, aber keiner braucht regelmäßig drei neue Vibratoren.“ Für die Internetseite, wo Kontaktanbahnungen laufen, gebe es Aussicht auf Besserung. Aber: Warum für etwas bezahlen, dass es auch gratis gibt?, denkt sich der Durchschnittskonsument.
Janisch glaubt fest an ein Comeback: „Ich bin mir sicher, dass die Leute wieder zahlen werden.“ Warum? „Weil es nicht sein kann, dass die erste Erfahrung, die ein Zwölfjähriger mit Sexualität macht, ein Gangbang ist, den er sich in der Pause gratis im Internet anschaut.“ Seine Hoffnung liegt beim Jugendschutz. Durch die Einführung einer Kreditkarten-Pflicht könne man Altersbeschränkung und Bezahlung absichern. Zur Zeit heiße es aber: Durchhalten. „Der Interessentenkreis für unsere Ware ist so groß wie für kaum etwas anderes. Da muss ein seriöses Geschäft noch etwas wert sein.“
Das Geschäft mit der Pornografie ist weltweit ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Zeitschrift "The Economist" schätzt weltweit einen jährlichen Umsatz von 20 Milliarden Dollar.
Warum das ÖKM und damit die oberösterreichische Wirtschaft von diesem goldenen Kuchen kein Stück abbekommt, kann Manfred Zöchbauer, WKO-Geschäftsführer der Sparte Handel, nur vermuten: „Wahrscheinlich müsste die Branche gefördert werden. Das ist aber schwierig, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sich irgendein Politiker dafür einsetzt. Dazu ist Österreich vielleicht ein zu prüdes Land.“
Auch die Wirtschaftskammer könne als Interessensvertretung nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen mitbeeinflussen – nicht aber den Markt, betont Zöchbauer.
Fit fürs Web
„Der gesamte Buch- und Papierhandel zählt zu den großen Verlierern. Es gibt zum Teil beträchtliche Umsatzeinbußen, die wesentlich auf den Internethandel zurückzuführen sind. Das betrifft auch das Druck- und Verlagswesen.“ ÖKM-Chef Janisch sei nur noch in der Sparte Handel vertreten, eine Mitgliedschaft bei den Verlagen liege nicht mehr vor.
Zöchbauer kann dem gebeutelten Unternehmer nur so viel raten: „Handel ist Wandel und es hat sich eben vieles ins Internet verlagert. Fachgeschäft und Onlineshop sind eine Doppelstrategie, die funktioniert.“ In Oberösterreich hätten nur 50 Prozent der Handelsunternehmen einen Internetauftritt, nur 15 Prozent davon einen Webshop. „Wenn die Händler webfit werden, machen wir uns keine Sorgen. Grundsätzlich ist es ja egal, wo gehandelt wird.“