Chronik/Oberösterreich

"Schwarz-Blau ist hervorragend"

Axel Greiner (52) ist Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich.

KURIER: Sepp Hochreiter, Vorstand des Instituts für Bioinformatik an der Johannes Kepler Universität und einer der weltweit führenden Experten in Künstlicher Intelligenz, beklagt den Mangel an Absolventen der technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät (TNF). Das Fehlen von Mathematikern und Informatikern hält große Firmen wie Google oder Facebook ab, in Linz Standorte einzurichten.Axel Greiner:Das ist ein wirkliches Problem. Wir habennicht nur in der IT einen Fachkräftemangel, sondern in allen MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, Anm.d. Red.). Die JKU ist eine junge Universität und in Wien offensichtlich ein ungeliebtes Kind. Wir weisen schon seit vielen Jahren darauf hin, dass sie ausgebaut gehört. Die große Herausforderung besteht nun darin, dass die JKU in der Öffentlichkeit so attraktiv ist, damit die Studenten technisch-naturwissenschaftliche Fächer studieren.

Was soll Studenten nach Linz locken?

Rektor Lukas hat mit der Attraktivierung des Campus bereits begonnen. Es geht um die Modernisierung und den Ausbau des Freizeitangebots. Auf der anderen Seite muss man wie in Unternehmen nachdenken, ob man das Richtige macht. Es geht auch um mehr Effektivität. Studiendauern von bis zu 16 Semestern sind nicht attraktiv. Besonders dann, wenn man dasselbe Studium an anderen Universitäten in zwölf und weniger Semerstern absolvieren kann.

Es ist bei der Absolventenanzahl der TNF seit Jahren kein Fortschritt erzielt worden, die Absolventen werden nicht mehr. Teilweise sogar weniger. Teilweise ist es ein Marketingproblem, deswegen wurde das LIT (Linz Institute of Technology, Anm.d.Red.) eingeführt. Denn die TNF kennen nur wenige. Wir unterstützen Rektor Lukas, wo wir können.

Nach der Wahl soll die Finanzierung der Universitäten neu aufgestellt werden.

Die geänderte Universitätsfinanzierung hin Richtung Studienplatzfinanzierung betrifft die Universitätsinstitute direkt. Denn Faktoren wie die Anzahl der Studienabbrecher, die Betreuungsverhältnisse Lehrer-Studenten etc. werden in die Finanzierung miteinberechnet. Das bedeutet für die Kepleruniversität ein hopp oder dropp. Entweder sie ist bei den Kennzahlen dort, wo die anderen auch sind oder es besteht die Gefahr des Exodus.

Wir haben bei der Installierung der Medizinfakultät gewarnt, dass Linz keine weiteren Mittel mehr für die Technik (TNF) bekommen wird. Das haben wir dann auch in Wien zu hören bekommen. Aber das ist kurzsichtig. Denn man muss schon auch betrachten, wo in Österreich die Industrie zu Hause ist. In Wahrheit wird in Wien und Graz ausgebildet, aber die Fachkräfte werden hier in Oberösterreich benötigt. Wir bekommen aber diese Fachkäfte nicht. Das ist ein Dilemma. Wenn man über die Studienplatzfinanzierung die Universität Linz abdreht, schadet man dem Industriestandort schlechthin. Das wird sich langfristig in der Industrie- und Steuerquote auswirken. Denn die Industrie wandert dann nicht nach Graz oder Wien, sondern nach München, Karlsruhe oder aus Europa raus. Ich verstehe die Politik, die in Wien gemacht wird, nicht.

Die Autoindustrie ist vom Skandal um gefälschte Abgaswerte erschüttert. Oberösterreich ist in der Zulieferindustrie stark positioniert. Wie ist die hiesige Industrie von der deutschen Diskussion betroffen?

Das Diesel-Bashing betrifft den Standort Oberösterreich massivst. Denn mit dem BMW-Motorenwerk in Steyr haben wir das Diesel-Kompetenzzentrum. Wenn nun wesentlich weniger Diesel verkauft werden, werden wir das in Steyr deutlich spüren. Auch MAN bei den Lastwagen.

Die Industrie hat die Diesel-Diskussion durch den Betrug mit den Abgaswerten selbst ausgelöst.

Es ist unverständlich, dass man so etwas überhaupt macht. Und das über so viele Jahre hinweg.

Wie sehen Sie die Zuunft des Autos?

Es wäre klug, einen Mix der Antriebe zu forcieren. Denn jeder hat seine Stärken, aber auch seine Schwächen. Der Elektroantrieb ist für die Innenstädte eine interessante Alternative, nicht aber für die Langstrecke und die Schwerlaster. Es hängt an der Diskussion um den Verbrennungsmotor viel daran, dass er auf fossilen Brennstoffen wie Benzin und Diesel beruht. Dabei gibt es uralte Technologien, die aus der Kohleverflüssigung stammen, mit denen es möglich ist, aus Kohlendioxyd Wasserkraftstoffe herzustellen. Das sind die Power-to-Gas- und die Power-to-Liquid-Verfahren. Damit lassen sich Kraftstoffen designen, die wesentlich sauberer verbrennen. Man sollte hier eine langfrsitige europäische Strategie verfolgen. Dort, wo wir Sonne und Wind haben wie an den Küsten und in Südeuropa, sollten wir derartige Anlagen installieren. Wir könnten die gewonnene Energie in Gas verwandeln und in den Pipelines transportieren. Über die die notwendigen Gas-Lager und die Logistik verfügen wir bereits.

Der Verbrennungsmotor hat eindeutige Vorteile im Leistungsspekrum. Die Energiespeicherdichte ist auch deutlich höher wie beim Akku. Damit kann man denMenschen eine Mobilität garantieren, die auf der Verfügungbarkeit von Kraftstoffen und von Energie basiert und gleichzeitig eine saubere Technologie zur Verfügung stellt.

Die derzeitige Diskussion ist einseitig und deshalb nicht gut.Ich bin ein Verfechter des Sowohl-als auch. Wir sollten das Beste von allem nehmen. Für die Südländer wäre das auch wirtschaftlich interessant, weil sie eine zusätzliche Wertschöpfung generieren können.

Die Elektromobilität gilt zwar momentan als die Alternative, sie hat aber auch Schwächen.

Derzeit laufen alle wie die aufgescheuchten Hühner herum und bedenken nicht die technologischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge. Das reicht von der Stromerzeugung über seine Weiterleitung bis zum Laden der Akkus, ihrer Erzeugung und bis zu ihrem Recycling. Die gesamte Kette ist nicht durchdacht. Es ist unmöglich, dass mehr als Nische aller Autos mit einem Akku fährt. Geopolitisch ist es im Sinne der Amerikaner und der Chinesen, wenn Europa den Wettbewerbsvorteil schlechthin, den Verbrennungsmotor, verliert.

EU-Kommissar Günther Öttinger wehrt sich gegen ein fixes Datum für den Ausstieg Europas aus dem Verbrennungsmotor, weil es noch immer ein enormes Entwicklungspotenzial gibt. Jede Technologie, die gefordert wird, macht weitere Entwicklungssprünge.Man sollte die Fortschritte nutzen statt die Mobilität der Menschen einschränken.

Ihre Organisation hat auf Landesebene die Bildung einer schwarz-blauen Koalition unterstützt. Soll nach der Wahl am 15. Oktober in Wien ebenfalls Schwarz-Blau regieren?

Uns geht es um den Standort Österreich. Hier bedarf es großer Reformen bei dnePensionen, in der Bildung und bei der Überregulierung. Rot-Schwarz war dazu nicht in der Lage.

In Oberösterreich sehen wir, dass mit Schwarz-Blau viel weitergeht. Es gibt ein Arbeitsüberkommen zwischen der Industrie und der Landesregierung. Wir haben in der FPÖ einige Politiker, die sehr klar sehen, dass das, was für den Standort gut ist, auch gut für die Menschen ist. Wir müssen eine Politik fahren, die das Ökologische, das Ökonomische und das Soziale auf eine Ebene stellt.Aus oberösterreichischer Sicht ist die schwarz-blaue Zusammenarbeit hervorragend. Mit welcher anderen Koalition kann man sich vorstellen, Maßnahmen gegen die Verschuldung im Landeshaushalt anzugehen? Es gibt große Diskrepanzen zur SPÖ, das ist bekannt. Der Populismus der Grünen bringt den Standort auch nicht weiter. Auf Bundesebene wird sich zeigen, ob Strache jenes Wirtschaftsverständnis mitbringt, das wir auf Landesebene sehen und verspüren.