Chronik/Oberösterreich

Pichling verliert seinen Sheriff

Wo der Händedruck fester und das Lächeln breiter ist, da beginnt der Wilde Westen." In Linz beginnt er in einer Siedlung beim Pichlinger See. Hans Jörg Ratzenböck, ein pensionierter Magistratsbeamter, hält dort seit 22 Jahren die letzte österreichische Bastion der Cowboys. Er nennt sich Fatsy, während seine Gattin Ilse auf den Namen „die rothaarige Texanerin Cathy Lonestar" hört. „Wir sind ja keine Faschingsnarren. Was wir hier leben, ist Geschichte", betont das Paar, das 29.000 Kilometer durch die Vereinigten Staaten gereist ist, um Originalstücke aus der Zeit zwischen 1866 und 1895 zu sammeln. Vieles im Tauschhandel – denn so begehrt Western-Utensilien hierzulande sind, so sehr reiße man sich in den USA um Lederhosen, Dirndl und Gamsbart-Hüte.

Ratzenböck erzählt rund 3000 Besuchern jährlich nicht nur die Geschichte vom „real cowboy", er lebt sie mit jeder Faser. Sein Alter Ego, Fatsy, wirkt wie eine Mischung aus Doc Holliday und Wyatt Earp mit einer Stimme, als würde John Wayne aus dem Grabe sprechen. Beeindruckt war auch ein Wiener Filmteam, das 2007 sein Leben auf die Kinoleinwand brachte. 

Kamillentee

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Die Zeiten sind hart geworden für Fatsy, den „letzten Cowboy Österreichs". Statt Whiskey trinkt er Kamillentee, geraucht wird stets nur eine halbe Zigarette und seine sonnengegerbten Lachfältchen verbirgt er hinter einer  großen Fliegerbrille.

„Der Himmel verfinsterte sich, die Luft vibrierte und die Vögel verstummten", schwärmt der 69-Jährige von den 50er-Jahren, als er durch Rock `n` Roll und seine Kindheitserlebnisse im amerikanischen Sektor von Linz mit dem „amerikanischen Bazillus" infiziert wurde und er es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, diese Epidemie zu verbreiten.

Am Samstag starteten Fatsy und Cathy Lonestar in ihre letzte Saison. Bis zum 29. Juli 2012 weht noch ein rauer Wind in Pichling. Dann muss das einzige geschichtliche Cowboy-Museum Europas einer Reihenhaussiedlung weichen. Woanders neu anzufangen kommt für das extravagante Duo nicht infrage. „Alles im Leben hat sein Ende", sagt Fatsy wehmütig und reitet in Gedanken schon in den Sonnenuntergang.

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