Chronik/Oberösterreich

Papst soll Glocken zum Schweigen bringen

Heiliger Vater! Wir wenden uns an Seine Heiligkeit mit einem brennenden Problem, das die Dompfarre Linz in der Diözese Linz in Österreich betrifft." – Die Rechtsanwaltskanzlei List bittet niemand geringeren als Papst Franziskus, im Streit um das nächtliche Glockenschlagen des Linzer Mariendoms für eine außergerichtliche Lösung zu sorgen.

Wie berichtet, fühlt sich ein Anrainer des Doms durch das Geläut in seiner Nachruhe gestört. Laut Anwalt Wolfgang List leide der Mann an massiven Schlafstörungen und in der Folge an Erschöpfungszuständen. Zwischen 22 und 6 Uhr müsse er nicht weniger als 222 Glockenschläge hinnehmen, ohne dass es dafür einen religiösen Hintergrund gebe. Das Geräusch der Glocken erhöhe laut einer Studie die Wahrscheinlichkeit aufzuwachen noch ausgeprägter als Fluglärm.

Weil die Dompfarre Linz nicht bereit war, auf das viertelstündliche Glockenschlagen zu verzichten, strengte der Linzer einen Zivilprozess an. Für morgen, Freitag, ist im Landesgericht Linz die erste mündliche Verhandlung angesetzt.

Menschenrecht

Dass der Papst in Rom noch vor diesem Termin für eine Lösung sorgt, ist unwahrscheinlich. In ihrem Schreiben beteuert die Rechtsanwaltskanzlei jedenfalls, nicht an Streit interessiert zu sein: Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Nachtruhe als Menschenrecht ansehe und der Anrainer deshalb gute Chancen habe, zu gewinnen, "glauben wir nicht, dass der Zivilprozess der richtige Weg ist, um derartige Probleme mit der katholischen Kirche zu lösen. Wir bitten Sie daher, Heiliger Vater, auf die Dompfarre Linz einzuwirken, damit diese das Menschenrecht der Bewohner der Stadt Linz auf einen gesunden Schlaf respektiert und das Schlagen der Kirchenglocken in der Nacht einstellt."

In Wien sei die Kirche auf die Bitten der Bevölkerung eingegangen. Die Glocken des Stephansdom blieben seither in der Nacht stumm.

Ob das auch bald für Linz gilt? Roma locuta causa finita lautet ein lateinisches Sprichwort: Nachdem Rom gesprochen hat, ist die Angelegenheit beendet.