Chronik/Oberösterreich

Nur der Hödl-Bauer ist noch übrig

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Wenn Katharina Kislinger auf den Markt nach Schärding fährt, muss sie um drei Uhr Früh aufstehen. Die 53-jährige Bäuerin am Hödl-Hof heizt den rund 200 Jahre alten Ofen an, um zwei Kilogramm schwere Brotlaibe und Weizen-Handsemmerl zu backen. Roggenmisch- und Dinkelvollkornbrote sind ihre Spezialität. „Vor Weihnachten mache ich auch Kletzenbrot. Das reißen sie mir förmlich aus der Hand“, erzählt sie. Kislinger ist eine erfahrene Bäckerin, sie kann damit umgehen, wie sich die unterschiedlichen Mondphasen auf das Aufgehen des Teiges auswirken.

Brotofen

Martin, ihr Mann, hilft. Er kriecht in den Backofen, um die gekneteten Teig-Laibe auf die gewärmte Fläche aufzulegen. Die traditionelle Zubereitung gefällt den Kunden. 50 bis 100 kg Brot verkauft die Bäuerin in der benachbarten Bezirkshauptstadt. Sie hat ihre Kunden aber auch in der Umgebung. Sie kommen selbst aus Passau zu ihr auf den Hof in Altendorf 7 bei St. Roman im Sauwald. „Früher habe ich mir nie vorstellen können, dass wir einmal in der Direktvermartkung tätig sind“, sagt Hödl-Bauer Martin Kislinger (55). Der Brotverkauf trägt aber immerhin rund 15 Prozent zum Einkommen des Hödl-Hofes bei. 25 Prozent kommen aus dem Schlägern und dem Verkauf von Holz.

Für den Großteil, nämlich 65 Prozent, sorgt das „weiße Gold“ der Kühe, die Milch. 30 Kühe stehen im Stall, sie geben durchschnittlich 25 Liter pro Kuh und Tag. Der Hödl ist ein Bergbauernhof auf rund 600 Metern Höhe. Der landwirtschaftliche Eigengrund beträgt 20 Hektar, dazu kommen 13 Hektar Pachtgrund und 18 Hektar Wald.

„Weißes Gold“

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Die Zeiten haben sich geändert. Heute erhält der Bauer zwischen 33 und 35 Cent pro Liter Milch. „Als wir 1995 zur EU kamen, waren es sieben Schilling, also mehr als 50 Cent.“ Der Markt gebe nicht mehr her, Österreich mit seiner Produktionsmenge von zwei Millionen Tonnen jährlich zu klein. Der Strukturwandel hat das Dorf verändert. Lebten früher alle im Dorf von der Landwirtschaft, ist der Hödl inzwischen der einzige Vollerwerbsbauer. In fünf Jahren wird er der Einzige sein, der noch Kühe hat.

Hackschnitzel

Waren früher die Ställe klein und niedrig und gab es kaum Fenster, so bewegen sich die Kühe heute frei. Die Gebäude sind offen, die Tiere in der frischen Luft. „Durch das Wohlbefinden sind sie leistungsfähiger“, erzählt Sohn und Hoferbe Martin (28). „Die Kälte macht ihnen nichts, nur wenn es unter minus 25 Grad hat, geht die Milchleistung zurück. Sie sind auch weniger oft krank.“ Die Familie hat einen neuen Laufstall gebaut, drei Kühe können gleichzeitig gemolken werden. Die Milch wird in einen Tank gepumpt, von wo sie ein Tankwagen täglich abholt. Der Wald ist ein Hauptstandbein. Die Familie ist Mitglied einer Heizgemeinschaft von 15 Bauern, die im Ort St. Roman zwei Hackschnitzelanlagen betreibt. Die eine heizt den Kindergarten, zwei Wohnblöcke und zehn Privathäuser, die andere das Gemeindeamt, die Raiffeisen-Bank, das Pfarrheim, die Schule und ebenfalls einige Häuser.

Trotz der schwieriger gewordenen Bedingungen ist Martin entschlossen den Hof zu übernehmen. Er ist der Ältete von vier Geschwistern, Magdalena, die Jüngste, studiert Literaturwissenschaft in Wien. Martins Freundin arbeitet in der Schuhfabrik Hödl in Taufkirchen/P. „Dass sie Bäuerin wird, nimmt sie in Kauf“, sagt er. Denn im jetzigen Bürojob habe sie es leichter. Sie habe ihm schon einmal geholfen, „die Perspektive ist ihr klar“.