Flut: Hunderte sollen wegziehen
Nach der Hochwasserkatastrophe Anfang Juni wurde in Oberösterreich jetzt eine erste Zone festgelegt, in der den Bewohnern eine Absiedelung angeboten wird. Das Gebiet liegt nördlich und südlich der Donau im Eferdinger Becken und umfasst eine Fläche von 24,35 Quadratkilometern. Dort befinden sich insgesamt 612 Objekte, davon 138 Wohngebäude.
Ein Teil der Bevölkerung wurde am Dienstagabend informiert, eine weitere Veranstaltung ist für Mittwoch anberaumt. „Es wird niemand zu einer Absiedlung gezwungen“, betont Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne). Die Betroffenen – mehrere hundert Personen – hätten bis Ende 2014 Zeit, sich zu überlegen, ob sie im Überflutungsgebiet bleiben oder wegziehen möchten.
Ab Jänner sollen Schätzgutachten erstellt werden. Absiedelungswillige erhalten 80 Prozent vom Zeitwert ihres Gebäudes und der Abrisskosten erstattet. 50 Prozent trägt der Bund, 30 Prozent das Land. 20 Prozent sind Selbstbehalt.
Für die Grundstücke ist keine Entschädigung vorgesehen. Sie bleiben weiterhin im Besitz der Betroffenen. Wohin die Absiedelungswilligen ziehen sollen, steht noch nicht fest. Zunächst muss in den einzelnen Gemeinden erhoben werden, welchen Bedarf es gibt. Dann wird nach Ersatzgrundstücken gesucht.
Bauverbot
In der Absiedelungszone wird unterdessen ein Bauverbot verhängt. Nur die Sanierung von Bestandsobjekten ist erlaubt. „Zum Beispiel, wenn jemand vom Erdgeschoß in den zweiten Stock ziehen und sich damit besser vor dem Hochwasser schützen möchte“, erklärt Anschober. Förderungen werde es dafür aber nicht geben.
Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden reagieren verhalten auf die Pläne des Landes: „Es gibt noch viele offene Fragen. Die Leute müssen erst einmal alle Informationen erhalten“, sagt zum Beispiel Goldwörths Bürgermeister Johann Müllner (ÖVP). 40 Wohnobjekte in seiner Gemeinde befinden sich im besonders gefährdeten Gebiet, etwa 100 Bewohner könnten absiedeln.
Bis 2015 das gesamte Schutzprojekt für das Eferdinger Becken vorliegt, könnten die Absiedelungszonen noch erweitert werden. Und zwar dann, wenn sich zeigen sollte, dass andere Maßnahmen wie Schutzbauten nicht realisierbar sind.
Nach dem Drau-Hochwasser im November 2012 gibt eine vom slowenischen Umweltministerium beauftragte hydrologische Analyse dem Verbund den Großteil der Schuld für die katastrophale Überschwemmung. Wie die slowenische Zeitung Vecer berichtet, wäre laut Bericht der Durchfluss der Drau um ein Viertel niedriger gewesen, hätte die Verbundgesellschaft in Kärnten anders gehandelt.
Die slowenisch-österreichische Kommission befasst sich voraussichtlich im November mit dieser Analyse.
„Die Einschätzung des höchsten Durchflusses am 5. November 2012 lag bei 2670 Kubikmeter pro Sekunde, der erwartete natürliche Durchfluss ohne die Wirkung der Kraftwerke wird an dieser Schnittstelle auf 1980 Kubikmeter pro Sekunde geschätzt“, erklärte das slowenische Umweltministerium. Das heiße, die Differenz sei durch die Entscheidung des Verbunds verursacht worden.
Die Studie deckt sich nach Vecer-Angaben mit den Darstellungen des Klagenfurter Rechtsanwalts Franz Serajnik. Er vertritt rund 100 Betroffene vornehmlich aus Slowenien und prüft eine Klage gegen den Verbund. Serajnik wirft dem Unternehmen hauptsächlich vor, es habe bei der Öffnung der Schleuse zu lange gewartet.
Vorwürfe bestritten
Der Verbund hat stets beteuert, man habe die geltende Wehrordnung eingehalten. Seit Mai liege auch ein Endgutachten des Umweltministeriums vor. Das bestätige die richtige Vorgangsweise des Unternehmens. „Dadurch konnten beim Hochwasser entlang der zehn Draukraftwerke auf einer Länge von 150 Kilometern das Drau- und Rosental geschützt und großflächige Überflutungen verhindert werden“, erklärte der Verbund.
Beim Hochwasser wurden Lavamünd in Kärnten sowie Dutzende Orte entlang der Drau in Slowenien überschwemmt. In Kärnten entstand ein Schaden von rund 6,5 Millionen Euro. 250 Menschen waren davon betroffen. In Slowenien richtete die Flut einen Gesamtschaden von 373 Millionen Euro an. 7900 Menschen waren von der Katastrophe betroffen.