„Enorme Exportchance in Russland“
Von Josef Ertl
Er feierte vor neun Tagen seinen 70. Geburtstag und ist seit mehr als einem halben Jahr in Pension, Doch sein Terminkalender ist voll. Ludwig Scharinger bekleidet die Funktion des Präsidenten der österreichisch-russischen Gesellschaft, er ist Aufsichtsrat in den ÖBB, der Linz AG und der Firma Asamer, er ist Honorarkonsul der Tschechischen Republik. Ende Februar endet seine zweite und letzte Periode als Vorsitzender des Universitätsrates der Linzer Kepler-Uni.
Ein besonderes Anliegen sind Scharinger die Beziehungen mit Russland. „Wir haben noch immer nicht voll erfasst, welche Chancen uns die Ostöffnung in Russland bietet.“ Es gäbe enorm viele Möglichkeiten. Speziell in der Agrarindustrie. „Die Skipisten in Sotschi müssen im Sommer gemäht werden. Da kann man die Geräte von Reform in Wels brauchen.“
Die Russen schätzten an den Österreichern nicht nur die Kultur und die Musik. „Wir Österreicher verstehen es, offen und vertrauensvoll auf die Russen zuzugehen.“ Die Russen legten Wert auf Berechenbarkeit, Nachhaltigkeit, Kalkulierbarkeit und auf eine offene Zugehensweise. „Sie schätzen Jointventure mit österreichischen Unternehmen. Sie sind auch bereit, den Österreichern die Mehrheit zu überlassen. Genau das heißt künftig Exportieren aus österreichischer Sicht. Wir liefern hoch entwickelte Produkte. Sie bringen den Markt ein und organisieren vor Ort den Vertrieb, die Servicestellen, also das Verkaufen. “
Vertragstreue
Zum Einwand, dass westliche Firmen über die in Russland herrschende Korruption und die mangelnde Rechtssicherheit klagen, sagt Scharinger: „Der Administration ist es ein Riesenanliegen, dass russische Partner Vertragstreue unter Beweis stellen.“ Als Beispiel führt er eine österreichische Firma an, bei der sich der russische Partner nicht an die Verträge gehalten habe. Er, Scharinger, habe dem Gouverneur geschrieben, der die Sache geregelt habe. Es sei sofort ohne Gerichtsverfahren erledigt worden. Es sei wichtig, Kontakt zur jeweiligen Regionsadministration zu bekommen. Die Regionen bemühten sich um Investoren und würden eine entsprechende Infrastruktur wie Industrieparks anbieten. Er helfe hier bei Kontakten mit, „das nimmt mich zeitlich ziemlich in Anspruch“.
Der Vorteil Russlands sei, dass es ein riesiger Markt sei. Die Russen würden aufgrund der vielen Rohstoffe auch über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen. „Das Geld ist da, man braucht nur immer die richtigen Partner.“ Die Wahl der Partner sei entscheidend. Moskau sei in zwei Stunden erreichbar, Die Russen seien Europäer, gut ausgebildet und alles andere als Shareholder-value-getrieben. „Sie passen mentalitätsmäßig und in der ökonomischen Entwicklung viel mehr zu uns als angloamerikanische Investmenthäuser.“
Derzeit exportieren 500 österreichische Firmen nach Russland, davon kommen 80 aus Oberösterreich.