„Das Alte hat wieder mehr Wert“
Die Tropfen, auf die der Schnapsbrenner Emmerich Hobl am meisten stolz ist, waren jahrelang ein Geheimnis, eingemauert im Anwesen der Familie Christon in Munderfing. „1948“ steht auf der abgenutzten Glasflasche, die mit goldbraunem Whiskey gefüllt ist. In der Nachkriegszeit wurde Andre Christon gezwungen, Whiskey für die Alliierten zu brennen. Blutzerweise hat er das Hochprozentige abgezweigt, weshalb die Rarität bis heute genossen werden kann. „Die Amis hatten keinen Sinn für unsere feinen Schnäpse. Für die musste der Whiskey nur ordentlich runterbrennen“, erzählt Hobl.
Familientradition
Die Edelobstbrennerei Andre Christon gibt es schon viel länger. Der erste eingetragene Nachweis stammt aus dem Jahr 1800, damit ist sie die älteste eingetragene Privatbrennerei Österreichs. Der erste Schnaps aus dem kleinen Weberhäusl hieß „Ordinari“ und bestand aus Heidelbeeren aus dem angrenzenden Kobernaußerwald, Gewürzen und sogenannten „Beutelwurzeln“, das war feiner Mehlstaub, der sich an den Wänden der alten Mühlen anlegte.
Das Familienunternehmen hat das Sortiment auf der Luxusschiene ausgebaut. Rund 20 Brände und Liköre, darunter Jahrgangsraritäten ab 1930, hat der Drei-Mann-Betrieb anzubieten. 70.000 Liter werden pro Jahr produziert. „Schnapsideen“ zu ausgefallenen Kreationen wie „Ingwer im Apfelmantel“ fallen dem Meister im Schlaf ein: „Ich genieße abends gerne ein genussvolles Stamperl, da kommen mir die besten Ideen.“ Am beliebtesten sind aber nach wie vor der klassische Williamsbirnenbrand und Marillenschnaps.
Stark ist die Marke Andre Christon in Deutschland, wo man die Leute erst vom Korn weglocken musste, schmunzelt Hobl. Die Edelschnäpse sind nur über Vinotheken und den hauseigenen Verkauf zu haben. Viele Nobelrestaurants in Deutschland reichen die feinen Tropfen aus dem Innviertel als Digestiv – im Promilokal „Sansibar“ auf der Insel Sylt zum stolzen Preis von 84 Euro pro Stamperl.
„Wir wollen eh nicht im Supermarktregal stehen. Uns ist es lieber, wir produzieren hochwertige Ware im Kleinen.“ Ein bisschen tut es aber schon weh, wenn sich manche den Billigschnaps stamperlweise in den Rachen kippen. „Einen Schnaps muss man in Maßen genießen und ganz langsam trinken. Wenn er dann weich und warm den Hals hinunterfließt, ist er perfekt“, beschreibt Hobl seine Leidenschaft.
Achte Generation
Inzwischen arbeiten Andreas und Christian Hobl in achter Generation mit ihrem Vater Emmerich in der Brennerei. Andreas hatte bereits Jus und Publizistik studiert, kehrte dann aber in den Familienbetrieb zurück: „In dieser schnelllebigen Zeit hat das Alte wieder mehr Wert, das beeindruckt mich.“ Zur Brennerei gehört seit 1900 auch der Gasthof „Schnapsbrenner“, den die Juniorchefs führen.