Chronik/Oberösterreich

„Besser geht’s in Linz nicht“

Meterlange Häuserreihen, die Fassade in dezenten, hellgelben Tönen gehalten, die Fensterrahmen weiß und quadratisch, den Gehsteig entlang eine penibel gestutzte Hecke von einem Meter fünfzig Höhe. So sah es in den Vierzigerjahren aus, das standesgemäße Domizil der volksdeutschen Arbeiterklasse.

Heute erinnert nur noch der Begriff „Hitlerbauten" an den dunklen Ursprung der Wohnanlagen, wie sie sich unter anderem in der Harbachsiedlung in Linz-Urfahr den Horizont entlangstrecken. „Ich würde so eine Wohnung sofort nehmen", sagt Sigrid T., die in einem modernen Wohnblock unweit der „Hitlerbauten" mit ihrer Dackelhündin lebt. Dieses Wort gleitet ihr ebenso leicht über die Lippen wie das Schwärmen darüber, wie gut geschnitten die Räumlichkeiten seien, die ab 1938 von Nationalsozialisten für kinderreiche Familien konzipiert wurden. „Sie vermitteln ein Gefühl von Freiheit", sagt sie, ohne sich der Ironie ihrer Worte bewusst zu sein.

Luxuriös

„Der Wohnbau machte damals einen gewaltigen Sprung", erklärt Zeithistorikerin Sylvia Necker. Erstmals sind serienmäßig Badezimmer eingebaut worden und die Standardgröße hat sich von 40 auf bis zu 80 Quadratmeter verdoppelt. „Die Nazis haben damit geworben, ihren Arbeitern die luxuriösesten Wohnungen zu ermöglichen." Neu war auch, die Innenhöfe mit opulenten Grünflächen auszustatten. „Der Clou daran ist, dass man einander auf solchen Gemeinschaftsanlagen wunderbar beobachten und ausspionieren kann", erklärt die Historikerin.

„Haglich" seien die Anrainer auch heute noch, wenn es um das Wiesengrün geht, weiß Katharina Z. und beklagt sich bei einer alten Dame, die aus dem Fenster späht, über die „Hundehasser" – derzeit ein heißes Thema in der Nachbarschaft. Täglich schaue sie auf einen kurzen Plausch vorbei. Man kennt sich am Bachlberg. „Früher gab es Schilder, dass das Fahrradfahren und das Betreten des Rasens verboten ist. Heute sitzen dort junge Eltern, die ihren Kindern beim Spielen zuschauen. Das ist richtig erfrischend", sagt die 59-jährige Ingeborg O., die in einem dieser Häuser geboren wurde und zu bleiben gedenkt. „Warum sollte ich weg? Es ist wunderbar, hier zu leben."

Friedlich

So sieht es auch der 64-jährige Fritz P. „Einen besseren Ort in Linz gibt es nicht." Warum? „Ja horchen Sie doch", fordert er die Innenstadtlärm erprobte Redakteurin auf. Nichts. „Schaun`S, das mein` ich. Es ist so ruhig und friedlich hier", sagt der pensionierte Angestellte der voestalpine. Noch immer ist ein hoher Anteil der Bewohner der Hitlerbauten – wie auch damals von den Schöpfern intendiert – beim Stahlkonzern beschäftigt, der aus den Hermann-Göring-Werken entstanden ist.

Während die alte Generation langsam aus den Häusern herausstirbt, rücken ihre Kinder und Kindeskinder nach, bestätigt Necker, die bei ihren Recherchen gespürt hat: „Die Bewohner haben eine hochemotionalen Bezug zu ihrer Siedlung, der weit über praktische Aspekte hinaus geht."

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